SGLT2-Hemmer

Neue Daten aus dem VERTIS-Studienprogramm

Die kardiovaskuläre Sicherheitsstudie VERTIS CV mit dem SGLT2-Inhibitor Ertugliflozin verlief weniger günstig als andere Endpunktstudien zu dieser Substanzgruppe. Die Hintergründe dafür werden aber noch länger für Diskussionsstoff sorgen. Nun wurden Auswertungen diverser präspezifizierter renaler Endpunkte präsentiert.

Das VERTIS-Studienprogramm

Der SGLT2-Hemmer Ertugliflozin wurde in den Studien des Phase-III-Studienprogramms VERTIS in Monotherapie sowie in unterschiedlichen Kombinationen untersucht. Die Ergebnisse der Outcome-Studie VERTIS CV wurden in einer eigens diesem Thema gewidmeten Sitzung unter dem Vorsitz von Prof. Melanie J. Davies im Rahmen des virtuellen EASD-Kongresses 2020 diskutiert. Die Studie wurde in einer Population von mehr als 8200 Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und atherosklerotisch bedingter kardiovaskulärer Erkrankung in 531 Zentren in 34 Ländern durchgeführt. Die bereits früher präsentierten kardialen Resultate von VERTIS CV zeigen hinsichtlich des primären Endpunkts aus kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Herzinfarkt oder nicht tödlichem Schlaganfall die Nichtunterlegenheit des SGLT2-Inhibitors im Vergleich zu Placebo. Damit wurde der primäre Endpunkt dieser nach Vorgaben der amerikanischen Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) geplanten Sicherheitsstudie erfüllt. Allerdings wurde – im Gegensatz zu anderen Vertretern dieser Substanzklasse – mit Ertugliflozin keine Risikoreduktion im Hinblick auf den primären Endpunkt erreicht. Ebenfalls nicht erreicht wurden die wichtigsten sekundären Endpunkte, nämlich die Überlegenheit von Ertugliflozin im Hinblick auf die Zeit bis zu kardiovaskulär bedingtem Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, kardiovaskulär bedingtem Tod allein oder einem ersten Ereignis von entweder renal bedingtem Tod, Dialyse/Nierentransplantation oder Verdopplung des Serumkreatininwerts im Vergleich zum Ausgangswert. Als überlegen im Sinne einer Risikoreduktion um 30% erwies sich Ertugliflozin allerdings hinsichtlich des vordefinierten Endpunkts Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz (HR: 0,70; 95% CI: 0,54–0,90).

Wahl des renalen Endpunkts

Im Rahmen des EASD 2020 wurden nun weitere Auswertungen zum verfehlten renalen Endpunkt vorgestellt. Allein die Wahl dieses Endpunkts – renal bedingter Tod, Dialyse/Nierentransplantation oder Verdopplung des Serumkreatininwerts – hatte sich als problematisch erwiesen, wie Prof. Dr. Darren McGuire vom University of Texas Southwestern Medical Center ausführte. Ertugliflozin war zwar bislang der einzige SGLT2-Inhibitor, mit dem der renale Endpunkt in einer großen Outcome-Studie verfehlt wurde, doch waren eben diese renalen Endpunkte in den verschiedenen Studien sehr unterschiedlich definiert, wie McGuire betonte. Verwendet man einen harmonisierten renalen Endpunkt bestehend aus Abnahme der eGFR um mindestens 40%, Nierenersatztherapie (Dialyse oder Transplantation) sowie renalem Tod, so wäre auch in VERTIS CV eine signifikante Überlegenheit gegenüber Placebo erreicht worden. Legt man diesen Endpunkt auch auf die übrigen Outcome-Studien mit SGLT2-Inhibitoren an, so erhält man über die gesamte Substanzklasse vergleichbare Ergebnisse.

Late-Breaker-Daten aus VERTIS CV

Prof. Dr. David Cherney von der University of Toronto stellte mehrere Analysen der Daten aus VERTIS CV vor, die etwas Licht hinter das Nichterreichen des primären renalen Endpunkts bringen. Zu den präspezifizierten renalen Endpunkten zählte eine Auswertung hinsichtlich der Progression von Albuminurie. Hier wurde mit Ertugliflozin eine signifikante Reduktion um 21% erreicht. Dieser Effekt war in allen Subgruppen gegeben, bei Patienten mit bereits bestehender Mikroalbuminurie und hohem Risiko jedoch am deutlichsten ausgeprägt. Ertugliflozin erhöhte auch die Chancen auf Rückbildung der Albuminurie signifikant. Ebenso verbesserte sich unter Ertugliflozin im Vergleich zu Placebo das Verhältnis von Albumin zu Kreatinin im Urin (UACR). Auch hier profitierten Patienten mit ausgeprägterer Schädigung der Niere deutlicher. In der Subgruppe mit Makroalbuminurie lag die Verbesserung der UACR unter Ertugliflozin im Vergleich zu Placebo bei rund einem Drittel. Ertugliflozin erwies sich auch als überlegen im Hinblick auf die mittlere eGFR über den Verlauf der Studie. Diese blieb in der Verumgruppe weitgehend stabil, während es in der Placebogruppe zu einer Abnahme kam, die dem natürlichen Verlauf der Erkrankung entspricht. Auch in dieser Hinsicht profitierten Patienten mit Makroalbuminurie am deutlichsten. Ertugliflozin wurde in VERTIS CV gut vertragen, es traten keine neuen oder bislang unbekannte unerwünschte Ereignisse auf. Die Gesamtinzidenz schwerer unerwünschter Ereignisse war in allen Gruppen vergleichbar. Diabetische Ketoazidose war insgesamt sehr selten und trat unter Verum numerisch, nicht jedoch signifikant häufiger auf als unter Placebo.

Davies MJ et al. (Chair): VERTIS CV outcome. EASD Kongress 2020; 23. September: Session S16

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