Sotatercept: Prädiktionsmodell spricht für massive Überlebensverlängerung
Autor:
Reno Barth
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Mit Sotatercept, dem ersten Activin-Inhibitor, wird aktuell ein neues Therapieprinzip in der Therapie der pulmonalarteriellen Hypertonie (PAH) untersucht. Im Rahmen des diesjährigen ERS-Kongresses wurden unter anderem Langzeitauswertungen der Phase-III-Studie STELLAR sowie eine Abschätzung des Überlebensvorteil auf Basis eines mathematischen Modells vorgestellt.
Die Wirkung von Sotatercept beruht auf dessen Bindung an den Activin-Rezeptor Type IIA (ActRIIA) und der daraus resultierenden Reduktion der proproliferativen Signalübertragung. In der Phase-II-Studie PULSAR und der Phase-III-Studie STELLAR führte Sotatercept vor dem Hintergrund einer Standard-PAH-Therapie zu signifikanten Verbesserungen funktioneller und hämodynamischer Parameter. Probanden aus diesen beiden randomisierten, kontrollierten Studien werden in der Langzeitstudie SOTERIA weiter beobachtet.1 Sie erhalten bis zu vier Jahre Sotatercept (0,3 oder 0,7 mg/kg Q3W) vor dem Hintergrund einer Standard-PAH-Therapie. Primärer Endpunkt ist die Verträglichkeit der Therapie, Wirksamkeit wird als sekundärer Endpunkt ausgewertet, wofür die Sechs-Minuten-Gehstrecke (6MWD), NT-proBNP, die WHO-Funktionsklasse, klinische Verschlechterung sowie der French Risk Score (FRS) herangezogen werden. Die Auswertung nach einer medianen Exposition von 462 Tagen ergab, dass die in den klinischen Studien erreichten Verbesserungen von 6MWD, NT-proBNP, WHO-Funktionsklasse und FRS in der offenen Phase der Studie über ein Jahr erhalten blieben.
Verlängerungsstudie: anhaltende Wirksamkeit und Sicherheit
Hinsichtlich des primären Endpunkts Sicherheit wurden bei sieben Probanden neun Ereignisse im Sinne einer klinischen Verschlechterung festgestellt, darunter drei Todesfälle und drei Hospitalisierungen im Zusammenhang mit PAH. Teleangiektasien traten bei 93 Studienteilnehmern (23%) auf, in keinem Fall wurde diese Nebenwirkung als schwer gewertet. Rund die Hälfte der Betroffenen hatten Teleangiektasien bereits im Verlauf der klinischen Studien entwickelt. In jeweils zwei Fällen wurde aus diesem Grund ein Absetzen der Therapie bzw. eine Dosisreduktion erforderlich. Die Autoren schließen aus diesen Daten, dass Sotatercept in der Therapie der PAH langfristig wirksam und gemessen an der Schwere der Erkrankung sicher und gut verträglich ist.
Während für Sotatercept mittlerweile gute Wirksamkeit hinsichtlich zahlreicher klinischer Parameter gezeigt werden konnte, fehlen bislang Daten zur langfristigen Morbidität und insbesondere Mortalität unter Therapie mit Sotatercept. STELLAR war nicht für den Endpunkt Mortalität gepowert, zeigte jedoch einen nicht signifikanten Vorteil für die Sotatercept-Gruppe.
Um Abschätzungen zu ermöglichen, bevor die entsprechenden Studiendaten generiert werden können, entwickelte eine amerikanische Gruppe ein Prädiktionsmodell, um den Impact einer Therapie mit Sotatercept auf Morbidität und Mortalität über längere Zeit abschätzen zu können. Das Modell beruht auf einer Post-hoc-Auswertung der Phase-III-Studie STELLAR hinsichtlich Risikostratifizierung und Lebensqualität.2 Das Erreichen eines Niedrigrisiko-Status ist nach aktuellen Leitlinien zum Management der PAH das primäre Therapieziel. Basierend auf diesen Daten wurde mittels eines entscheidungsanalytischen Modells versucht, das Überleben von Patienten unter Sotatercept und Placebo (jeweils vor dem Hintergrund einer leitliniengerechten PAH-Therapie) zu vergleichen.
Rechenmodell zeigt mehr als elf Jahre Überlebensgewinn
Dazu wurden individuelle Patientendaten aus STELLAR auf Basis der 2022 ESC/ERS Risk Classification, beruhend auf 6MWD, NT-proBNP und WHO-Funktionsklasse, stratifiziert. Die Verteilung der Risiko-Strata wurde zu Baseline sowie zu den Wochen 3, 12 und 24 ausgewertet. Auf dieser Basis wurde mittels eines Markov-Kohortenmodells das Überleben über einen Zeitraum bis zu 30 Jahren errechnet und auf dieser Grundlage die Gruppen verglichen. Die Risiken für Hospitalisierung und Mortalität wurden sowohl auf Basis von STELLAR als auch anhand des europäischen COMPERA-Registers in die Auswertung einbezogen.
Outcomes waren neben dem Überleben auch Veränderungen der Risikostratifizierung über die Zeit, Organtransplantation im Zusammenhang mit PAH sowie Hospitalisierungen wegen Verschlechterung der Erkrankung. Die Auswertung ergab, dass über 24 Wochen ein signifikant höherer Anteil der Patienten aus der Sotatercept-Gruppe im Vergleich zur Placebo-Gruppe einen Niedrigrisiko-Status gemäß den 2022 ESC/ERS Guidelines erreichte. Kein Patient verschlechterte sich in die Hochrisiko-Gruppe, aus den Gruppen „low indermediate” und „intermediate-high risk” verbesserte sich die Mehrzahl der Probanden. Selbst aus der „intermediate-high risk“-Gruppe erreichte rund ein Drittel der Sotatercept-Patienten Niedrigrisiko-Status. Mithilfe des für diese Studie entwickelten Modells lässt sich dadurch ein erheblicher Überlebensvorteil errechnen. Die Behandlung dürfte das Überleben auf rund das Dreifache verlängern, bzw. einen Überlebensvorteil von mehr als elf Jahren bringen. Gemäß dem Modell werden in 30 Jahren noch mehr als 25 % der Patienten am Leben sein. Damit sind auch Reduktionen der Zahl der Hospitalisierungen und Transplantationen wahrscheinlich, wobei die Autoren betonen, dass bei mathematischen Prädiktionsmodellen immer ein erheblicher Unsicherheitsfaktor bleibe.
Quelle:
Poster Session “Novelties in pulmonary hypertension management”; ERS 2023 am 10. September 2023
Literatur:
1 Preston I et al.: A long-term follow-up (LTFU) study of sotatercept for pulmonary arterial hypertension (PAH). Poster ID 739 präsentiert am ERS 2023 2 Mclaughlin V et al.: Population health model predicting the long-term impact of sotatercept on morbidity and mortality in patients with Pulmonary Arterial Hypertension (PAH). Poster ID 740 präsentiert am ERS 2023
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