Asthma und COPD im klinischen Alltag
Autor:
Reno Barth
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Möglichst umfangreiches Datenmaterial über Asthma und COPD im klinischen Alltag soll eine in 19 Ländern durchgeführte Kohortenstudie mit engmaschigem Follow-up von mehr als 12 000 Teilnehmern liefern. Bisher präsentierte Daten liefern unter anderem Überraschungen hinsichtlich des Verlustes an Lungenfunktion bei COPD.
NOVELTY (The NOVEL observational longiTudinal studY) ist eine internationale Beobachtungsstudie mit mehr als 12 000 Probanden im Alter von mindestens 12 Jahren mit einer Diagnose oder Verdachtsdiagnose von Asthma und/oder COPD. Studienziel ist die Erfassung von Patientencharakteristika, Behandlungsmustern und Belastung durch die Krankheit. Die Teilnehmer werden mit Visiten in Abständen von drei Monaten engmaschig über drei Jahre verfolgt. Hinzu kommen einmal im Jahr noch eine Spirometrie sowie – optional – die Bestimmung von Biomarkern. Die Daten werden in einer nicht auf Hypothesen basierenden Form analysiert. Auf diesem Weg sollen klinische Phänotypen und molekulare Endotypen anhand von Biomarkern und/oder klinischen Parametern und deren Korrelation mit empirischen Outcomes definiert werden. Die Studie sollte eine möglichst breite Patientenpopulation umfassen, welche die verschiedenen Asthma-Phänotypen genauso umspannt wie Bronchiektasien oder COPD in ihren unterschiedlichen Manifestationen, so Prof. Dr. Alberto Papi von der Universität Ferrara, der betont, das Ziel von NOVELTY sei es, die „Heterogenität von Atemwegserkrankungen im klinischen Alltag“ zu dokumentieren.
Personen, bei denen die primäre respiratorische Diagnose nicht Asthma oder COPD war, wurden aus NOVELTY ausgeschlossen. Daher werden auch extrapulmonale „traits“ wie beispielsweise Anämie, Adipositas oder Depression sowie Verhaltensmuster (Rauchen, Schadstoffexposition, Reliever-Gebrauch) erfasst. Sowohl bei Asthma als auch bei COPD weisen die meisten Patienten mehrere „treatable traits“ (behandelbare Merkmale) auf. Diese verschiedenen „traits“, von denen gemäß der Literatur 30 erfasst wurden, können für die einzelnen Erkrankungen als Netzwerke dargestellt werden, wobei die Kombination von Asthma und COPD das deutlich dichteste Netzwerk aufweist. Wenig überraschend stehen bei Asthma Komorbiditäten stärker in Zusammenhang mit Allergie, während bei der COPD Schadstoffexposition eine wichtige Rolle spielt. Die Kombination von Asthma plus COPD ist mit praktisch allen abgefragten „traits“ assoziiert.
Bei Asthma korreliert die Lungenfunktion gut mit der Symptomatik
Auch die Beziehungen zwischen Lungenfunktion und Symptomatik wurden für die einzelnen Erkrankungen ausgewertet. Hier zeigt sich, dass bei Asthma eine ausgeprägte Symptomatik sehr deutlich mit schlechter Lungenfunktion korreliert. Bei COPD ist diese Korrelation hingegen weniger klar. In der NOVELTY-Kohorte konnte auch demonstriert werden, dass die im Alltag gestellten Diagnosen Asthma und COPD tatsächlich unterschiedliche Pathophysiologie reflektieren. So zeigen Untersuchungen mit Xenon-129-MRT, dass sich die Erkrankungen hinsichtlich Ventilation, Gastaustausch und Größe der Acini markant unterscheiden. COPD fällt dabei durch ausgeprägtere Heterogenität der Ventilation, größere Acini und schlechteren Gasaustausch auf. Papi: „Die Korrelation ist hier statistisch sehr stark. Diese Imaging-Daten reflektieren die für die COPD typischen Alterationen der Lungenfunktion.“ Die Xe129-MRT-Daten korrelieren besser mit den klinischen Diagnosen als die Ergebnisse der Impulsoszillometrie, die den Zustand der distalen Atemwege erfasst.
Produktiver Husten als Risikomarker für kardiovaskuläre Ereignisse
Die longitudinale Erfassung der Daten soll nicht zuletzt auch die Abschätzung der Prognose verbessern. So verweist Papi auf Auswertungen der NOVELTY-Kohorte, die zeigen, dass Patienten mit Prä-COPD einen ebenso schnellen Verlust an Lungenfunktion durchmachen wie Patienten in den GOLD-Gruppen 1 und 2 und dass dieser ausgeprägter ist als in GOLD 3 und 4 oder in der PRISm-(„preserved ratio impaired spirometry“)- Population. PRISm bedeutet, dass die Einsekundenkapazität (FEV1) erniedrigt, dabei jedoch der Tiffeneau-Index erhalten ist (FEV1/FVC > 70%). Dies schlägt sich jedoch nicht in Mortalitätsdaten nieder, zumal die Sterblichkeit bei GOLD 3 und 4 am höchsten und bei Prä-COPD am niedrigsten ist. GOLD 1 und 2 sowie PRISm liegen mit einem annähernd gleichen Sterberisiko dazwischen. Dies zeige, so Papi, dass der Verlust an Lungenfunktion nicht der treibende Faktor hinter der COPD-Mortalität sei. Als aussagekräftiger Parameter hat sich häufiger produktiver Husten erwiesen, der sowohl bei Asthma als auch bei COPD auftreten kann, bei COPD jedoch häufiger vorkommt. Häufiger produktiver Husten hat sich in der NOVELTY-Kohorte als assoziiert mit schweren kardiovaskulären Ereignissen (MACE) erwiesen.
In den kommenden Jahren werde NOVELTY nun in eine neue Phase eintreten und umfangreiche Daten zu Transkriptom, Metabolom und Proteom liefern, so Papi. Dazu wurde eine Vielzahl an Biosamples gesammelt, auf deren Basis in Zukunft neue Endotypen von Asthma und COPD definiert werden sollen.
Quelle:
State of the Art Session „Airway Disease“, „The NOVEL observational longiTudinal studY (NOVELTY): real-world evidence on asthma and/or chronic obstructive pulmonary disease development“; Vortrag von Prof. Dr. Alberto Papi, Ferrara, beim ERS 2023 am 10. September 2023
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