© VadimGuzhva - stock.adobe.com

AAIC 2024

Bluttests für die Alzheimerfrüherkennung

Die Entwicklung zuverlässiger Bluttests zur (Früh-)Diagnose des Morbus Alzheimer war eines der meistdiskutierten Themen im Rahmen der diesjährigen Konferenz der Alzheimer’s Association (AAIC), die Ende Juli 2024 in Philadelphia stattfand.

Bluttests, die eine verlässliche Alzheimerdiagnose liefern können, bieten die Chance, die Erkrankung nichtinvasiv sowie zuverlässiger, billiger und vor allem früher erkennen zu können, als dies derzeit der Fall ist. Solche Tests sollten idealerweise breit verfügbar sein und auch in der allgemeinmedizinischen Praxis durchgeführt werden können. Wie nahe man diesem Ziel bereits ist, zeigt eine im Rahmen des AAIC 2024 präsentierte Studie mit mehr als 1200 Proband:innen. Der Test (PrecivityAD2 oder „APS2“) beruht auf zwei Biomarkern, nämlich dem Verhältnis von phosphoryliertem tau217 zu nichtphosphoryliertem tau217 (%p-tau217) sowie dem Verhältnis von Amyloid Aβ42 zu Aβ40 und erwies sich als signifikant aussagekräftiger als die Einschätzung durch erfahrene Kliniker:innen. Von 698 Studienpatient:innen, die in Gedächtnisambulanzen untersucht wurden, lieferte APS2 zu 90% richtige Resultate, während die an der Klinik beschäftigten Spezialist:innen nur zu 73% richtig lagen. Weitere 515 Patient:innen wurden in allgemeinmedizinischen Praxen untersucht, wobei APS2 ebenfalls zu 90% richtige Diagnosen lieferte, während die Allgemeinmediziner:innen nur zu 63% korrekt diagnostizierten. Die Autor:innen der Studie betonen, dass der Test auch bei Vorliegen relevanter Komorbiditäten, wie zum Beispiel chronischer Niereninsuffizienz, verlässliche Ergebnisse lieferte.1

Studie unter praxisnahen Bedingungen durchgeführt

„Zu unterstreichen ist, dass wir mit den Ergebnissen von Bluttests gearbeitet haben, die alle zwei Wochen von den allgemeinmedizinischen Praxen zur Analyse ins Labor geschickt wurden, was weitgehend den Usancen im klinischen Alltag entspricht“, kommentiert Dr. Sebastian Palmqvist, Universität Lund, der Erstautor der Studie. Prof. Dr. Oskar Hansson, der Seniorautor der Arbeit, betont die Unabhängigkeit der Ergebnisse von Komorbiditäten. Gerade bei alten Menschen können unterschiedliche Erkrankungen nämlich die p-tau217-Spiegel beeinflussen. Indem man das Verhältnis von phosphoryliertem zu nichtphosphoryliertem tau217 heranzieht, lässt sich dieses Problem offenbar entschärfen. Hansson: „Wir sehen das als großen Schritt vorwärts in Richtung einer breiten klinischen Implementation von Bluttests im Rahmen der Alzheimerdiagnostik. Als nächster Schritt müssen nun klare Empfehlungen erarbeitet werden, anhand deren Alzheimerbluttests im klinischen Alltag eingesetzt werden können. Dies könnte erreicht werden, indem man die Tests zunächst in spezialisierten Zentren implementiert und später in die allgemeinmedizinische Praxis bringt. Daran arbeiten wir gerade.“

Morbus Alzheimer bereits bei normaler Kognition diagnostizieren

Eine weitere im Rahmen der AAIC 2024 vorgestellte Studie weckt Hoffnungen auf noch frühere Alzheimerdiagnosen. Die Studie untersuchte die Korrelation von p-tau217 im Blut mit dem Vorhandensein von Amyloidplaques im Gehirn von kognitiv nicht eingeschränkten Proband:innen. Dazu wurden Samples von 2718 Personen, die an unterschiedlichen Studien teilgenommen hatten und von denen p-tau217-Plasmaspiegel, Amyloid-beta PET Imaging und/oder Liquorproben vorhanden waren, ausgewertet. Die Analysen ergaben, dass p-tau217 im Plasma ein positiver Prädiktor für Amyloid-beta-Pathologie im Amyloid PET Scan oder einen entsprechenden Liquorbefund ist.2 „Wenn diese Zahlen belastbar sind und von anderen Gruppen bestätigt werden können, dann erlaubt dieser Zugang eine Reduktion von Lumbalpunktionen und PET-Scans zur Alzheimerdiagnostik in der Größenordnung von 80 oder sogar 90 Prozent, kommentierte die Erstautorin der Studie, Dr. Gemma Salvadó von der Universität Lund. Die Ergebnisse dieser Arbeit könnten insbesondere bei der Planung von Studien mit kognitiv noch nicht beeinträchtigten Proband:innen mit Alzheimerpathologie von großer Bedeutung sein, da der Nachweis von p-tau217 die Möglichkeit einer nicht invasiven und kostengünstigen Identifikation solcher Personen bieten könnte.

Eine weitere im Rahmen der AAIC 2024 vorgestellte Arbeit versuchte den Nutzen zu quantifizieren, den Betroffene zukünftig von den neuen Testverfahren haben könnten. Für die USA zeigt eine Modellrechnung, dass im Jahr 2033 Betroffene angesichts der zu erwartenden fachärztlichen Mangelversorgung mit einer Wartezeit von rund 13 Jahren rechnen müssten, bevor sie eine krankheitsmodifizierende Therapie erhalten könnten. Mit zuverlässigen Bluttests könnte diese Wartezeit auf 13 Monate verkürzt werden. Die Kombination von Bluttest und einem einfachen Kognitionstest als Screeninguntersuchung auf allgemeinmedizinischem Level würde die Wartezeit sogar auf sechs Monate verkürzen.3

Alzheimer’s Association International Conference 2024, 28.7. bis 1.8.2024, Philadelphia (USA)

1 Palmqvist S et al.: Evaluation of the prospective use of blood biomarkers for Alzheimer’s disease in primary and secondary care. JAMA 2024; e2413855. Online ahead of print 2 Salvadó G et al.: Use of plasma p-tau217 as a pre-screening method for detecting amyloid-PET positivity in cognitively unimpaired participants: a multicenter study. Presented at AAIC 2024 3 Mattke S et al.: Impact of a high-performing blood test on wait times for determination of eligibility for a disease-modifying Alzheimer’s treatment in the U.S. Presented at AAIC 2024

Back to top