Neue Erkenntnisse durch Subgruppen- und Biomarkeranalysen
Autor:
Priv.-Doz. Dr. med. Konstantin Dedes
Brustzentrum Zürichsee, Hirslanden Klinik Im Park, Zürich
E-Mail: konstantin.dedes@hin.ch
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Am ASCO-Kongress 2024 präsentierte Studiendaten nehmen Bezug auf die Wirksamkeit von CDK4/6-Hemmern und anderen Therapien in verschiedenen Subgruppen mit frühem Mammakarzinom. Eine Verfeinerung der Algorithmen lässt sich auch durch neue Biomarkerdaten erreichen.
Bei Patient:innen mit Hormonrezeptor(HR)-positivem/HER2-negativem frühem Mammakarzinom belegte die Phase-III-Studie NATALEE einen Vorteil der Kombination aus dem CDK4/6-Inhibitor Ribociclib und einer nichtsteroidalen Aromataseinhibitor-Therapie (NSAI) im Vergleich zur alleinigen NSAI.1 Auch die monarchE-Studie untersuchte einen CDK4/6-Inhibitor zusätzlich zur endokrinen Therapie beim frühen Mammakarzinom.2 Im Gegensatz zu monarchE schloss NATALEE Patient:innen mit nodal-negativer Erkrankung ein; im Stadium IIA waren weitere Hochrisikomerkmale erforderlich, in den Stadien IIB und III nicht.3
Risikoreduktion beimnodal-negativen EBC
Yardley et al. präsentierten am ASCO-Kongress Ergebnisse bei Patient:innen mit nodal-negativer Erkrankung in NATALEE. Dieses Kollektiv umfasste 285 Personen im Prüfarm und 328 im Kontrollarm. In jeweils rund der Hälfte der Fälle lag eine Grad-2- bzw. Grad-3-Erkrankung vor, und 74% befanden sich im Stadium IIA. Vor Studieneinschluss hatten 71% eine (neo)-adjuvante Chemotherapie erhalten.
Nach drei Jahren bewirkte die Kombination aus Ribociclib und NSAI verglichen mit NSAI alleine einen absoluten Vorteil von 2,6% (93,2% vs. 90,6%) in Bezug auf die Rate des Überlebens ohne invasive Erkrankung (IDFS; HR: 0,72). Diese Risikoreduktion ist mit jener in den nodal-positiven Subgruppen der NATALEE-Studie und der monarchE-Studie nach drei Jahren vergleichbar.2,3
Insgesamt zeigten beide Arme aufgrund des fehlenden Lymphknotenbefalls ein günstiges Überleben. Dennoch fand sich trotz des relativ kurzen Beobachtungszeitraums bereits ein signifikanter Unterschied zugunsten der Ribociclib-Kombination, der im Verlauf des Follow-ups weiter anwachsen könnte.
Diese Ergebnisse sprechen für den Einsatz von Ribociclib auch bei niedrigem Risiko ohne Lymphknotenbefall, der geringe numerische Benefit muss allerdings gegen die Toxizitäten und den Kostenfaktor aufgewogen werden. Dennoch sollte man Ribociclib zumindest bei einem Teil der nodal-negativen Patient:innen erwägen. Ob die CDK4/6-Inhibition die adjuvante Chemotherapie ersetzen könnte, beantwortet NATALEE nicht, im klinischen Setting werden jedoch durchaus Entscheidungen in diese Richtung getroffen. Auch der Aspekt einer möglichen Verkürzung der Therapiedauer wird künftig zur Diskussion stehen.
Anti-Müller-Hormon als Prädiktor
Im Setting des nodal-positiven Mammakarzinoms verglich die Studie RxPONDER (SWOG S1007) randomisiert die sequenzielle Strategie aus adjuvanter Chemotherapie gefolgt von endokriner Therapie (ET) vs. ET alleine.4 Patient:innen mit HR-positivem/HER2-negativem Mammakarzinom und ein bis drei positiven Lymphknoten, die einen Oncotype-Score von 0–25 aufwiesen, nahmen an der Studie teil.
In der prämenopausalen Gruppe schnitten die mit der sequenziellen Therapie Behandelten im Hinblick auf das IDFS sowie das Überleben ohne Fernmetastasierung besser ab als das Kollektiv, das die alleinige ET erhielt. Kein Unterschied fand sich dagegen in der postmenopausalen Gruppe.
Eine am ASCO vorgestellte Analyse der RxPONDER-Studie identifizierte das Anti-Müller-Hormon (AMH) als stärksten Prädiktor für den Chemotherapie-Benefit innerhalb der prämenopausalen Kohorte.5 Keinen IDFS-Vorteil durch die sequenzielle Strategie erfuhren die Patient:innen mit den niedrigsten AMH-Spiegeln <10pg/ml; diese Werte fanden sich erwartungsgemäss hauptsächlich in der Altersgruppe der 50- bis 54-Jährigen und werden dem postmenopausalen Bereich zugerechnet.Aber auch in der Altergsruppe 45–50 fanden sich einige Patient:innen mit deutlich verringerten AMH-Werten. Im Gegensatz dazu resultierte bei mittleren (10–99,9pg/ml) und hohen (≥100pg/ml) AMH-Spiegeln verglichen mit dem Kontrollarm eine 7,8%ige Verlängerung des IDFS nach fünf Jahren (95,2% vs. 87,4%; HR: 0,48).
Aus diesen Erkenntnissen ergibt sich ein Therapiealgorithmus bei Patient:innen mit ein bis drei positiven Lymphknoten und einem Oncotype-Score <26 (Abb. 1). Über 55-jährige bzw. postmenopausale Frauen können demnach mit der ET alleine behandelt werden, ebenso die jüngere Gruppe mit AMH-Spiegeln <10pg/ml. Diejenigen unter 45 Jahren, welche praktisch ausnahmslos hohe AMH-Werte aufwiesen, bzw. solche mit höheren AMH-Werten profitieren von der Sequenztherapie. Hier schwelt bereits länger eine Debatte dahingehend, ob der adjuvante Benefit auf den Kastrationseffekt der Chemotherapie oder ihre Zytotoxizität zurückzuführen ist. Die vorliegenden Daten implizieren eher einen Vorteil durch die endokrine Suppression bei hohen AMH-Spiegeln als Ausdruck einer stärkeren ovariellen Reserve.
Abb. 1: Therapieempfehlungen beim HR-positiven/HER2-negativen frühen Mammakarzinom mit 1–3 Lymphknoten und Oncotype <26
Sehr niedrige ER-Expression: ET ja oder nein?
Im Mittelpunkt einer weiteren am ASCO-Kongress präsentierten Analyse stand das frühe Mammakarzinom mit sehr niedriger Östrogenrezeptor-Expression (1–10%). Choong et al. suchten eine Antwort auf die Frage, ob in dieser Gruppe auf die adjuvante ET verzichtet werden kann.6 Die Ergebnisse sprachen dagegen: Drei Jahre nach der definitiven Resektion zeigte das Kollektiv ohne adjuvante ET ein überraschend deutlich herabgesetztes Gesamtüberleben im Vergleich zur endokrin behandelten Population (92,3% vs. 89,1%; HR: 1,25; p=0,01).
Neben der niedrigen ER-Expression führten Progesteronrezeptor-Negativität und Ki67 ≥20% oft zu einem Verzicht auf die ET, ebenso ein höheres histologisches Grading, fehlender Lymphknotenbefall und Status post neoadjuvanter Chemotherapie. Laut einer Subgruppenanalyse bewirkte das Weglassen der ET nach dem Nichterreichen einer pathologischen Komplettremission (pCR) eine Verkürzung des Gesamtüberlebens im Vergleich zu der Gruppe, die durch die neoadjuvante Chemotherapie eine pCR erzielt hatte. Somit kann unter Umständen bei jenen Patient:innen auf die ET verzichtet werden, bei denen zum Operationszeitpunkt eine pCR vorliegt.
Korrelation von ctDNA und IDFS
Schliesslich untersuchte eine vorab geplante Biomarkeranalyse den prognostischen Stellenwert der zirkulierenden Tumor-DNA (ctDNA) in der monarchE-Studie.7 monarchE verglich die Zugabe des CDK4/6-Inhibitors Abemaciclib zur ET mit der alleinigen ET beim frühen, HR-positiven/HER2-negativen Hochrisiko-Mammakarzinom mit Lymphknotenbefall.2 Messungen erfolgten vor der Randomisierung sowie 3, 6 und 24 Monate danach.
Patient:innen, die vor Studienbeginn ctDNA-positiv gewesen waren, erfuhren im Vergleich zur ctDNA-negativen Gruppe eine massive IDFS-Verkürzung mit IDFS-Raten von 20,0% vs. 79,1% nach vier Jahren. Auch die ctDNA-Dynamik während der Behandlung spielte eine Rolle. Die Gruppe, die von Beginn an ctDNA-negativ blieb, schnitt in Bezug auf das IDFS am besten ab (4-Jahres-IDFS-Rate: 87,5%), gefolgt von den Patient:innen, bei denen eine Konversion von positiv zu negativ stattfand (58,3%). Im Fall der umgekehrten Konversion sowie bei anhaltender ctDNA-Positivität fiel die Rate des IDFS weitaus niedriger aus (11,0% bzw. nicht erhebbar).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es sich bei ctDNA um einen starken prognostischen Biomarker handelt. Da therapeutische Implikationen derzeit fehlen, kann allerdings noch kein praktischer Nutzen früher Änderungen der ctDNA-Spiegel für die klinische Routine abgeleitet werden. Denkbar wäre der Einsatz im Hinblick auf das Timing von PET-Scans zur Detektion von Fernmetastasen.
Literatur:
1 Slamon D et al.: Ribociclib plus endocrine therapy in early breast cancer. N Engl J Med 2024; 390: 1080-91 2 Johnston SRD et al.: Abemaciclib combined with endocrine therapy for the adjuvant treatment of HR+, HER2-, node-positive, high-risk, early breast cancer (monarchE). J Clin Oncol 2020; 38(34): 3987-98 3 Yardley DA et al.: Baseline characteristics and efficacy endpoints for patients with node-negative HR+/HER2- early breast cancer in NATALEE. J Clin Oncol 2024; 42(Suppl. 16): Abstr. #512 4 Kalinsky K et al.: 21-gene assay to inform chemotherapy benefit in node-positive breast cancer. N Engl J Med 2021; 385(25): 2336-47 5 Kalinsky K et al.: Serum anti-Mullerian hormone levels refine identification of premenopausal patients with HR+, HER2-, node-positive breast cancer most likely to benefit from adjuvant chemotherapy in SWOG S1007 (RxPONDER). J Clin Oncol 2024; 42(Suppl. 16): Abstr. #505 6 Choong GM et al.: The impact of adjuvant endocrine therapy omission in ER-low (1-10 %) early-stage breast cancer. J Clin Oncol 2024; 42(Suppl. 16): Abstr. #513 7 Loi S et al: Prognostic utility of ctDNA detection in the monarchE trial of adjuvant abemaciclib plus endocrine therapy in HR+, HER2-, node-positive, high-risk early breast cancer. J Clin Oncol 2024; 42(Suppl. 17): Abstr. #LBA507
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