Prostata-spezifisches Antigen vs. digitale rektale Untersuchung in der Krebsvorsorge
Bericht:
Vera Weininger, BA
Umfragen zeigen, dass viele Männer sich aus verschiedensten Gründen keiner Prostatakarzinom(PCa)-Vorsorgeuntersuchung unterziehen möchten. Die digitale rektale Untersuchung (DRU) und das Prostata-spezifische Antigen sind hier diagnostische Standards. Welche der beiden Methoden die bessere diagnostische Performance bietet, untersuchte die PROSPERO-Studie, die Anfang 2024 publiziert wurde.
Keypoints
-
Die DRU wird von vielen Männern als unangenehm empfunden.
-
Der PPV der Screeningverfahren ist bei DRU und PSA-Test sowie bei Kombination ident.
-
Nach PROSPERO ist die Krebsdetektionsrate beim PSA-Test signifiikant höher.
Die DRU hat eine lange Tradition in der Prostatakrebsvorsorge. Ein Nachteil der DRU ist, dass sie von vielen Patienten wegen des Untersuchungsvorgangs als unangenehm empfunden wird, was mit ein Grund dafür sein kann, dassman den Weg zur Vorsorge meidet. Der Prostata-spezifisches-Antigen(PSA)-Test als Laboruntersuchung bietet hier Vorteile. Zu beachten ist, dass das PSA nicht nur beim PCa, sondern auch bei anderen Pathologien der Prostata, wie z.B. bei der benignen Prostatahyperplasie, aber auch in anderen Fällen erhöht sein kann. Die Durchführung der DRU und des PSA-Tests sind derzeit diagnostischer Standard für die frühe Detektion eines PCa. Es liegen jedoch nur wenige Daten vor, die die diagnostische Wertigkeit der beiden Testverfahren vergleichen. Die PROSPERO-Studie, ein vergleichender Review und eine Metaanalyse von Matsukawa A et al., beschäftigte sich mit der diagnostischen Performance beider PCa-Screeningmethoden.
Methodik & Studiendesign
Für die Analyse wurden mittels Datenbankrecherche in PubMed, Scopus und Web of Science Studien eingeschlossen, die sich mit dem Vergleich der beiden Screeningmethoden (DRU und PSA-Test) und ihrer Effektivität für die PCa-Detektion beschäftigen. Insgesamt wurden drei randomisiert-kontrollierte Studien (RCT) und fünf prospektive Diagnostikstudien inkludiert, die insgesamt eine Patientenanzahl von 85738 ergaben (RCT: n=59761, prospektive Diagnostikstudien: n=26007). Das Lebensalter der Patienten reichtevon 45 bis zu 98 Jahren. Die meisten inkludierten Studien verwendeten einen PSA-Cut-off-Wert von ≥4ng/ml, mit Ausnahme einer Studie, die den Cut-off bei ≥3ng/ml ansetzte.
Im gesamten Studienkollektiv wurde bei 71219 Patienten ein Screening auf PCa durchgeführt. 4676 (6,6%) hatten einen suspekten oder abnormen Befund in der DRU und bei 5225 (7,3%) war der PSA-Wert erhöht. Als primären Endpunkt legten die Studienautoren den positiven Prädiktivwert („positive predictive value“; PPV) und die Krebsdetektionsrate („cancer detection rate“; CDR) der DRU fest. Als sekundäre Endpunkte fungierten PPV und CDR sowohl vonPSA und DRU allein als auch in Kombination. An dieser Stelle sei in Erinnerung gerufen, dass der PPV einer Screeningmethode angibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Patient mit einem positiven Testergebnis auch tatsächlich erkrankt ist.
Studienergebnisse
Die PROSPERO-Studie ermittelte im gesamten Patientenkollektiv für die DRU einen zusammengefassten PPV von 0,21 (95% CI: 0,13–0,33) und für den PSA-Test einen sehr ähnlichen PPV von 0,22 (95% CI: 0,15–0,30; p=0,9). Mit einem PPV von 0,19 (95% CI: 0,13–0,26; p=0,5) konnte kein signifikanter Vorteil durch die Kombination beider Screeningmethoden (DRU und PSA-Test) verzeichnet werden. Damit lag für die DRU undden PSA-Test der PPV und damit die Wahrscheinlichkeit, bei positivem Testergebnis auch tatsächlich an einem PCa erkrankt zu sein,nahezu auf gleichem Niveau.
Die CRD hingegen lag bei der DRU mit 0,01 (95% CI: 0,01–0,02) signifikant niedriger als bei der PSA-Testung mit 0,03 (95% CI: 0,02–0,04; p<0,05; Abb. 1und 2). Bei der CRD lag somit die Aussagekraft des Screeningtests beim PSA-Test signifikant höher als bei der DRU (p<0,01). Der PPV beim PSA-Test hingegen unterschied sich nicht signifikant von dem der DRU.
Abb. 1 und 2: PROSPERO-Studie – Forest-Plots der Krebsdetektionsrate (CDR) bei digitaler rektaler Untersuchung (DRU) und Prostata-spezifisches-Antigen(PSA)-Test (nach Matsukawa A et al. 2024)1
Fazit
Die Studienautoren fassen zusammen, dass die Ergebnisse – sowohl der DRU als auch des PSA-Tests– einen geringen diagnostischen Wert für die Detektion von PCa einräumen. Daher steht zur Diskussion, ob die DRU bei keinerlei klinischer Symptomatik oder Anzeichen für ein PCa möglicherweise als Screeningmethode und in der frühen Detektion obsolet sein könnte.
Literatur:
1 Matsukawa A et al.: Comparing the performance of digital rectal examination and prostate-specific antigen as a screening test for prostate cancer: a systematic review and meta-analysis. Eur Urol Oncol 2024; doi: 10.1016/j.euo.2023.12.005
Das könnte Sie auch interessieren:
Neue Daten zum Nierenzellkarzinom
Auf dem ASCO-Kongress 2024 wurden auf dem Gebiet des Nierenzellkarzinoms (RCC) zwar keine Daten präsentiert, die einen Paradigmenwechsel herbeiführen werden, es gab jedoch einige ...
Highlights zum Prostatakarzinom
Am diesjährigen Kongresses der American Society of Clinical Oncology (ASCO) standen bei der Behandlung des Prostatakarzinoms ein Update der EMBARK-sowie der NEPTUNES-Studie im Fokus.
Hodentumoren: Neues vom ASCO 2024
Obwohl dieses Jahr am ASCO wenige neue Daten und Erkenntnisse zum Thema Hodentumoren vorgestellt wurden, lässt sich ein Poster von Dr. Khalid Alkhatib hervorheben.