
Wenn dem Lachmuskel zum Heulen ist
Autorin:
Prim. Priv.-Doz. Dr. Karin Vonbank
Ärztliche Leitung Klinik Pirawarth in Wien
Leitung kardiorespiratorisches Funktionslabor, Abteilung für Pneumologie
Klinik für Innere Medizin II
Medizinische Universität Wien
E-Mail: vonbank@medvonbank.at
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Bei jedem Lachen werden ca. 300 Muskeln aktiviert, das Zwerchfell kontrahiert in Vibrationen, und die Kontraktion der Bauchmuskeln erzielt eine Ausatemflussgeschwindigkeit von über 100km/h. Während Kinder noch 300–400x pro Tag lachen, reduziert sich dies bei Erwachsenen auf lediglich durchschnittlich 15x pro Tag.
Keypoints
-
Die Muskelfasern des Zwerchfells und der peripheren Muskulatur sind unterschiedlich. Die Faserverteilung kann in der peripheren Muskulatur erhebliche individuelle Unterschiede aufzeigen, im Bereich des Zwerchfells sind diese deutlich weniger ausgeprägt.
-
Veränderungen in der Muskulatur nach Covid-Infektionen sind multifaktoriell. Sie sind fast ausschließlich im Bereich der Skelettmuskulatur beschrieben. Inwiefern das Zwerchfell ähnliche Veränderungen aufzeigt, ist noch weniger bekannt.
-
Atemmuskelschwäche ist häufig bei Patient:innen mit PostCovid anzutreffen.Daherist das Atemmuskeltraining ein wichtiger Bestandteil der rehabilitativen Maßnahmen.
Das Zwerchfell als einer der Lachmuskeln ist auch der bedeutendste inspiratorische Atemmuskel und verantwortlich für 2/3 der inspiratorischen Atemmuskelkraft.
Die Fasertypisierung im Bereich des Zwerchfells unterscheidet sich von jener der peripheren Skelettmuskulatur. Im Vergleich zur peripheren Muskulatur (M. vastus lateralis) zeigt sich ein höherer Anteil der sogenannten langsamen Typ-1-Muskelfasern, die für die Ausdauerleistungsfähigkeit von Bedeutung sind, mit prozentuell geringerem Anteil an den sogenannten Typ-IIa- bzw. Typ-IIx-Muskelfasern. Die Muskelfaserverteilung kann in der peripheren Muskulatur erhebliche individuelle Unterschiede aufzeigen, beeinflusst durch diverse Unterschiede in körperlicher Aktivität, Training, Ernährung und vielem mehr. Die Veränderungen im Bereich des Zwerchfells sind deutlich weniger ausgeprägt, da die Unterschiede im Bereich der Belastung aufgrund der kontinuierlichen Atemarbeit weniger zum Tragen kommen. Die Querschnittsfläche der Muskelfasern ist im Bereich des Zwerchfells deutlich geringer als in der peripheren Muskulatur, wie z.B. dem M. vastus lateralis. Durch den erhöhten Anteil an oxidativen Muskelfasern, die kleinere Querschnittsfläche und die in Relation gesehen vermehrte Kapillarisierung finden sich ein verkürzter Diffusionsweg und dadurch eine erhöhte Sauerstoffaufnahme mit höherer Resistenz gegenüber Fatigue. Diese Veränderungen lassen sich nicht nur im Zwerchfell darstellen, sondern auch im Bereich der Atemhilfsmuskulatur (Tab. 1).
Bei der peripheren Skelettmuskulatur ist eine Änderung in der Muskelfasertypisierung aufgrund von Einflüssen wie Training, Ernährung, Medikation, körperlicher Inaktivität oder chronischer Inflammation bekannt. Inwieweit es zu Adaptierungen der Muskelfaserverteilung durch diese Einflüsse im Bereich des Zwerchfells kommt, ist derzeit noch nicht klar belegt. Es zeigt sich allerdings, dass Patient:innen mit COPD im Gegensatz zur Verminderung der oxidativen Muskelfasern in der peripheren Muskulatur eine Vermehrung der oxidativen Fasern im Bereich des Zwerchfells aufweisen.
Auch konnte in einer Studie nach 5-wöchigem Atemmuskeltraining sowohl eine Erhöhung der Typ-I-Muskelfasern als auch der Typ-II-Muskelfasern gezeigt werden.
Zusammengefasst zeigt sich eine hohe Ausdauerleistungsfähigkeit im Bereich des Zwerchfells, wobei Adaptierungen der Muskelfasertypisierung derzeit noch nicht ganz geklärt sind.
Muskuläre Veränderungen bei Post Covid
Veränderungen in der Muskulatur nach Covid-Infektionen sind multifaktoriell. So werden unter anderem inflammatorische Prozesse („cytokine storm“ ), endotheliale Dysfunktion, mitochondriale Dysfunktion und direkte virale Infiltrationen im Bereich der Muskulatur beschrieben (Abb. 1). Die Abnahme der Muskulatur durch Inaktivität wird als ausgeprägter beschrieben als bei einer herkömmlichen Inaktivität mit einer Abnahme der Muskelkraft von bis zu 20% in 6 Monaten.
Nach einem Aufenthalt auf der Intensivstation (ICU) kann bei bis zu 40% der Intensivpatient:innen eine Neuropathie oder Myopathie aufgezeigt werden. In diesem Zusammenhang werden Veränderungen des „compound muscle action potential“ (CMAP; Muskelaktionspotential), die Abnahme der „muscle membrane excitability“ (MME; Erregbarkeit der motorischen Endplatte), die Abnahme der Nervenleitgeschwindigkeit sowie axonale Degenerationen beschrieben. Im Bereich der Skelettmuskulatur wird eine Abnahme der Querschnittsfläche im Bereich des M. quadriceps von bis zu 30% beschrieben, und es findet sich eine Muskelschwäche im Bereich der Knieextensoren bzw. Armflexoren in bis zu 75–80% der ICU-Patient:innen.
Es konnten auch anhand von Muskelbiopsien verstorbener Post-Covid-Patient:innen strukturelle Veränderungen wie nekrotische Fasern, Atrophien der Muskelfasern und mitochondriale Dysfunktionen mit Abnahme der Typ-I-Fasern und Myosinolysen aufgezeigt werden. Diese sind allerdings fast ausschließlich im Bereich der Skelettmuskulatur beschrieben. Inwiefern das Zwerchfell ähnliche Veränderungen zeigt, ist noch weniger bekannt. Mögliche Beeinflussungen sind auch hier sowohl direkte Einflüsse, wie virale Infiltrationen, Faserumverteilungen und Fibrosierungen, als auch indirekte Faktoren, wie z.B. Inaktivität und Störungen des Atemregulationssystems (autonome Dysregulation).
Um die Bedeutung der Neuropathie bei Post-Covid-Patient:innen mit überwiegend mildem Verlauf, aber ausgeprägter Symptomatik zu erfassen, wurden Post-Covid-Patient:innen in einer ersten Pilotstudie einer Nervenleitgeschwindigkeitsmessung unterzogen. Bei 29% der Patient:innen ließ sich ein pathologisches Muster erkennen, wobei es zu keiner Veränderung der Latenzzeit kam, sondern zu einer Abschwächung der Antwort des Muskels auf den Reiz im Sinne einer möglichen Myopathie. In einer Folgestudie mit 68 Post-Covid-Patient:innen konnte ebenfalls in 45% der Fälle eine abnorme Antwort des Zwerchfells auf Phrenicus-Stimulierung gezeigt werden. Anhand mehrerer Studien konnte die Abschwächung der Atemmuskelkraft bei Post-Covid-Patient:innen bestätigt werden. Auch zeigte sich eine Korrelation mit dem Schweregrad der Erkrankung und der eingeschränkten Atemmuskelkraft wie auch eine direkte Korrelation von Symptomen wie Dyspnoe und Werten auf der Chronic-Fatigue(CF)-Skala mit der reduzierten Atemmuskelkraft.
Fazit
Zusammengefasst ist die Atemmuskelschwäche häufig bei Patient:innen mit Post Covid anzutreffen, auch nach milden Verläufen und protrahierter Symptomatik. Das Atemmuskeltraining ist daher ein wichtiger Bestandteil der rehabilitativen Maßnahmen bei diesen Patient:innen. Inwieweit strukturelle Veränderungen zu finden sind bzw. inwieweit eine Trainingsadaptierung nach Atemmuskeltraining erzielt werden kann, ist bislang noch nicht geklärt.
Literatur:
bei der Verfasserin
Das könnte Sie auch interessieren:
Mukoviszidose – eine Erkrankung mit Prädisposition für Pilzinfektionen
Pilzinfektionen stellen eine zunehmende Herausforderung in der Behandlung von Menschen mit Mukoviszidose (zystische Fibrose) dar. Spezifische diagnostische Schritte und therapeutische ...