Remission ist realistisch
Autor:
Reno Barth
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Aktuell verfügbare Therapien haben die Optionen bei Asthma bronchiale deutlich verbessert. Es stellt sich nun die Frage, ob und ab welchem Ausmaß des Therapieerfolgs statt von Kontrolle von Remission gesprochen werden kann.
„Nach wie vor tendieren wir dazu, Asthma vorwiegend unter den Aspekt des Schweregrades zu sehen“, erläutert Prof. Dr. Johann Christian Virchow von der Universität Rostock. Viel wichtiger wäre es, die Erkrankung im Hinblick auf die dahinterstehenden Pathomechanismen und daraus resultierenden Phänotypen zu betrachten. Damit wäre es an der Zeit für einen Paradigmenwechsel. Nach dem Vorbild der rheumatischen Erkrankungen sollte man zukünftig an die Asthmatherapie nach dem Motto „treat to target“ und dem Therapieziel Remission herangehen. Das aktuell gebräuchliche Ziel der Asthmakontrolle sei eben weniger umfassend als Remission, so Virchow. Damit bleibe man hinter den Ansprüchen zurück, die mittlerweile in der Behandlung anderer inflammatorischer Erkrankungen gestellt werden. Nach wie vor zielen die Leitlinien für das Management von Asthma mit wenigen Ausnahmen auf Symptomkontrolle und die Reduktion von Schaden ab. Damit gerate man in zirkuläre Definitionen: Die Schwere der Erkrankung bestimmt den Therapiebedarf und der Therapiebedarf definiert die Schwere der Erkrankung. Man solle sich also, so Virchow, in Zukunft von der Kontrolle der aktuellen Symptome in Richtung auf langfristigen Benefit und Prävention zukünftiger Symptome bewegen. Diese Forderung wurde 2022 in einem in „Lancet“ publizierten Experten-Papier erhoben.1
Remission und „disease-modifying drugs“
Hier kommt das Konzept der Remission ins Spiel, wobei Virchow betont, dass Remission nicht mit Heilung verwechselt werden dürfe. Beispielsweise in der Rheumatologie sei es selbstverständlich, dass die Behandlung weitergeführt wird, wenn der Patient Remission erreicht. Im Gegensatz dazu werde in der Pulmologie bei Erreichen guter Asthmakontrolle die Therapie häufig reduziert oder sogar abgesetzt. Virchow betont, dass dies bei vielen Patienten keine gute Strategie ist. Es gelte, zwischen „remission on treatment“ und „remission off treatment“ zu unterscheiden, wobei Letztere beispielsweise in der Rheumatologie die seltene Ausnahme ist.
Die Definition von Remission bei Asthma steht nach wie vor zur Diskussion. Virchow weist auf den Vorschlag hin, der schließlich Eingang in die deutsche S2k-Leitlinie „Fachärztliche Diagnostik und Therapie von Asthma“ gefunden hat.2 Er sieht vor, dass von Remission gesprochen werden kann, wenn anhaltend weder Symptome noch Exazerbationen auftreten und die Lungenfunktion stabil ist. Dieses Therapieziel müsse ohne orale Kortikosteroide erreicht werden, damit von Remission gesprochen werden kann. Damit kommt auch im Zusammenhang mit Asthma das Konzept der „diesease-modifying drugs“ ins Spiel und jedes Medikament, mit dem das Ziel der Asthmaremission erreicht werden kann, kann als krankheitsmodifizierend gewertet werden. Systemische Steroide fallen aufgrund ihrer inakzeptablen Nebenwirkungen nicht in diese Kategorie.
In mehreren definierten Schritten zur Remission
Dieser Schritt sei mit den Entwicklungen der Asthmatherapie in den vergangenen Jahren bereits teilweise vollzogen worden, erläutert Virchow und weist beispielsweise auf das weitgehende Zurückdrängen der Bedarfsmedikation (Reliever) aus dem Asthma-Management hin. Stattdessen setze man heute bevorzugt auf die protektive Wirkung einer Dauertherapie und habe den Fokus damit von kurzfristigen Effekten auf langfristigen Benefit verschoben. Die verfügbaren Biologika erlauben ein höheres Maß an Individualisierung der Therapie sowie die simultane Mitbehandlung von Komorbiditäten wie zum Beispiel Nasenpolypen.
Gleichzeitig ermöglichen neue Erkenntnisse zur Pathophysiologie des Asthmas auch eine Vereinfachung der Therapie, wie in einem weiteren kürzlich publizierten Experten-Papier dargelegt wurde. Das A2BCD-Schema gliedert das Asthma-Management in vier Bereiche, nämlich zunächst zweimaliges Assessment (A2) bestehend aus Diagnose und Bestimmung des Phänotyps, der aktuellen Asthmakontrolle sowie des zukünftigen Risikos. Unter Punkt B werden „Basics“ subsumiert. Unter diesen Punkt fällt auch die Schulung im richtigen Umgang mit dem Inhaler. Es folgen die Diagnostik und das optimierte Management von Komorbiditäten (C). Unter Punkt D erfolgt schließlich die Behandlung mit DMAAD („disease-modifying antiasthmatic drugs“) mit dem Ziel der Remission.3 Über die Remission hinaus werden in Zukunft auch Ziele wie ein Vermeiden von Remodelling besser erreichbar werden, so Virchow. Dies sei bei Erkrankungen wie der atopischen Dermatitis dank Biologikatherapie bereits Realität. Virchow: „Warum soll das bei Asthma nicht gelingen?“ Das ultimative Ziel wäre schließlich die Umkehr des Remodellings.
Quelle:
Session „Current challenges in airways disease management”, „Aiming for remission in asthma: is this a useful treatment goal?“; Vortrag von Prof. Dr. Johann Christian Virchow, Rostock, beim ERS 2023 am 11. September 2023
Literatur:
1 Lommatzsch M et al.: Lancet 2022 Apr 23; 399(10335): 1664-1668 2 Lommatzsch M et al.: S2k-Leitlinie zur fachärztlichen Diagnostik und Therapie von Asthma 2023. https://register.awmf.org/assets/guidelines/020-009l_S2k_Fachaerztliche-Diagnostik-Therapie-von-Asthma_2023-03.pdf 3 Lommatzsch M et al.: Lancet Respir Med 2023 Jun; 11(6): 573-576
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