Hepatitis C: von geringen Heilungschancen bis hin zur Elimination
Bericht:
Mag. Birgit Leichsenring
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Ein Fokus des „Suchtkongresses“ in München war auf die Entwicklung innovativer Therapieoptionen bei viralen Hepatitiden und speziell der Hepatitis C gerichtet. Mit der Zulassung von „direct acting agents“ ab 2011 wurde die HCV-Infektion zu einer heilbaren Erkrankung, die Implementierung von Therapieangeboten stellt jedoch nach wie vor einen limitierenden Faktor dar.
Bereits in den 1970er-Jahren war die „Non-A-non-B-Hepatitis“ bekannt, 1989 wurde mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) das dementsprechende Pathogen identifiziert. Neben der Entwicklung von Antikörpertestes folgte Forschung zur genetischen Sequenz sowie zur Struktur und zu den Charakteristika der HCV-Proteine. Doch erst mit der Entwicklung eines HCV-Replikon-Modells für die Zellkultur im Jahr 1999 wurde die Grundlage für umfassende medizinische Forschung gelegt.
HCV stellt ein eigenes Genus in der Familie der Flaviviridae dar, in welcher z.B. mit Dengue, Zika oder FSME eine ganze Reihe bekannter humanpathogener einzelsträngiger RNA-Viren zusammengefasst sind. Bekannt sind sieben Genotypen (GT 1–7), die in eine Vielzahl an Subtypen unterteilt werden. Durch die hohe Mutationsrate weist HCV insgesamt eine hohe genetische Variabilität inklusive individueller Quasispezies auf. Die Impfstoffentwicklung war bisher nicht erfolgreich.
Die anfänglichen Therapien erfolgten unspezifisch mit Interferon, die Heilungsraten unter dieser Monotherapie lagen auch nach 48 Wochen nur bei ca. 13%. Die Kombination mit dem Nukleosid-Analogon Ribavirin konnte die Heilungsraten leicht erhöhen. Trotz erneut besserer Erfolge durch den Einsatz von pegyliertem Interferon lagen bis 2011 die Heilungsraten nach einer 24- oder 48-wöchigen Therapie nur um die 50%. Infolge der massiven Nebenwirkungen brachen zudem viele Patient:innen die Therapie ab.
Durchbruch mit Proteaseinhibitoren
Der Durchbruch gelang 2011 mit der Zulassung der beiden Proteaseinhibitoren Boceprevir und Telaprevir. Immer noch in Kombination mit pegyliertem Interferon ermöglichten sie einen Anstieg der SVR („sustained virological response“) und damit des nachhaltigen Therapieansprechens auf 60–70% (Abb.1). Im Gegensatz zu beispielsweise einer Hepatitis B umfasst die SVR – bzw. das Therapieansprechen bei HCV – eine komplette Eradikation der Viren aus dem Körper.
Abb. 1: Anstieg der SVR mit Entwicklung der HCV-Therapie von 1991 bis 2014 (modifiziert nach Sagir A: Arch of Gastroenterol Res 2020; 1(1): 1-3)
Innerhalb weniger Jahre folgten Zulassungen weiterer DAA („direct acting agents“) und damit ein kompletter Wandel in der HCV-Therapie. Inzwischen wurden 16 DAA aus unterschiedlichen Wirkstoffklassen zugelassen. Der bahnbrechende Erfolg moderner DAA zeigt sich z.B. auch daran, dass mittlerweile die DAA der ersten Generation nicht mehr eingesetzt werden. Ein weiterer Erfolg: Moderne DAA sind pangenotypisch aktiv und können somit bei fast allen Patient:innen und unabhängig vom Genotyp eingesetzt werden.
HCV-Therapie und ihre Hürden
Die heutigen HCV-Therapien sind sehr gut verträglich, benötigen kein Interferon, erreichen SVR-Raten bis zu 100% und erfordern nur mehr 8 bis 12 Wochen Therapiedauer. Innerhalb weniger Jahre wurde die HCV-Infektion zu einer ausgezeichnet heilbaren Erkrankung. Mit diesen Optionen könnte bei ausreichendem Ausbau von Diagnostik- und Therapieangeboten eine Elimination erreicht werden. Die Hürden liegen – vergleichbar mit HIV – heute nicht mehr bei den grundsätzlichen medizinischen Möglichkeiten, sondern bei deren Implementierung.
Auf dem Kongress für Suchtmedizin 2023 wurden einige Hürden zusammengefasst: Denn das HCV-Test- und Therapieangebot scheitert oft an veralteten oder falschen Informationen. So werden Risikofaktoren teils unzureichend als Testindikation interpretiert. Und sowohl bei Ärzt:innen als auch bei Patient:innen ist die Sorge vor den enormen Nebenwirkungen der belastenden Interferontherapie trotz der modernen Behandlung sehr präsent. Interdisziplinäre Fortbildung und Information sind weiterhin essenziell.
Globale Schätzungen der WHO zu HCV
(Quelle: WHO Fact Sheet Hepatitis C 2023)
58 Mio. Menschen leben mit chronischer HCV-Infektion, davon 3,2 Mio. Kinder und Jugendliche.
21% aller Menschen mit HCV sind diagnostiziert.
62% der diagnostizierten Menschen erhalten eine HCV-Therapie.
1,5 Millionen Neuinfektionen pro Jahr
290 000 Todesfälle pro Jahr infolge einer HCV-Infektion
Quelle:
23. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin, 29. Juni bis 1. Juli 2023 in München
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