Von Pigmentierungs- bis Nagelwachstumsstörungen
Bericht:
Martha-Luise Storre
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Haut, Haare, Nägel —das Spektrum in der täglichen dermatologischen Praxis ist vielfältig: Von kosmetisch störenden bis hin zu gesundheitlich stark beeinträchtigenden Fällen kann alles vertreten sein. Was gibt es Neues zu Störungen der Pigmentierung und des Nagelwachstums?
Keypoints
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Pigmentierungsstörungen wie Vitiligo oder Melasma schränken die Lebensqualität der Betroffenen stark ein.
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Kosmetische Prozeduren können postinflammatorische Hyperpigmentierung begünstigen.
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Bei Nagelproblemen sollte überprüft werden, ob eventuell eine Wachstumsstörung vorliegt, um eine adäquate Therapie einleiten zu können.
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Ein schonendes Vorgehen ist bei der Nagelbehandlung essenziell.
Melanin, oxygeniertes und reduziertes Hämoglobin sowie Carotin sind für die Pigmentierung der Haut verantwortlich. Aber auch die Gefässversorgung sowie die Hautdicke bestimmen das kutane Erscheinungsbild.1 Die jeweilige Pigmentierung wird genetisch reguliert, Polymorphismen und Mutationen zeigen sich entsprechend an der Haut. Unter dem Titel «Mal zu viel, mal zu wenig» präsentierte Prof. Dr.med. Christiane Bayerl, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie der Helios HSK Wiesbaden, ein Update zu Pigmentierungsstörungen. Zu wenig Pigment ist das Problem bei der Vitiligo: Durch Melanozyten-Stress und angeborene Immunantwort kommt es zu einer CD8+-T-Zell-Aktivierung und dadurch zu einer Ausschüttung von Interferon(IFN)-γ. Die IFN-γ-inflammatorische Antwort führt zu einer Aktivierung des Januskinase(JAK)1/JAK2-STAT-Signalweges in den Keratinozyten und resultiert in einer progressiven Zerstörung von Melanozyten und Depigmentierung. Durch Memory-T-Zellen, die im Gewebe verbleiben, wird dieser Prozess aufrechterhalten. Für die Therapie der Vitiligo kamen bislang UVB-311, Excimer-Laser, Steroide/Calcineurin-Inhibitoren sowie in stabilen Situationen eine Melanozyten-Transplantation zum Einsatz.2 Neu ist die Anwendung des topischen JAK-1/2-Inhibitors Ruxolitinib als 1,5-%-Creme. Dieser ist in der Erstlinie für die Anwendung bei Patienten ab 12 Jahren zugelassen, bei einer betroffenen Körperoberfläche von unter zehn Prozent.3 Um bei diesen höherpreisigen Therapien abgesichert zu sein, empfehle es sich laut der Expertin, die betroffene Körperoberfläche mithilfe von Scores in der Akte zu dokumentieren.
Faziale Melanosen
Ein Zuviel an Pigment liegt bei kosmetisch störenden Hyperpigmentierungen vor, berichtete Bayerl. Hierzu zählen faziale Melanosen wie Melasma, Riehl-Melanose, pigmentierte peribukkale Erythrose, Erythromelanosis follicularis faciei et colli oder Berloque-Dermatitis. Letztere wird durch den Kontakt mit Furocumarinen beispielsweise in Parfum in Kombination mit UV-Strahlung verursacht. «Deswegen ist es wichtig, unsere UV-Therapie-Patienten darüber aufzuklären, keine Kosmetika zu tragen», empfahl die Dermatologin.
Das Melasma geht mit einer enormen Reduktion der Lebensqualität einher. Genetisch liegen hyperfunktionelle Melanozyten vor. Schläfen, Stirn, Wangen und die periorale Region sind symmetrisch betroffen. Als mögliche Ursache sollten Östrogen-produzierende Tumoren ausgeschlossen und bestimmte Medikamenteneinnahmen erfragt werden. Für die Behandlung kann unter anderem die klassische Triple-Kombination aus Tretinoin, Hydrocortison und Hydrochinon zum Einsatz kommen (Tab. 1).4 Bis die Therapie sichtbar wirkt, kann den Betroffenen Camouflage empfohlen werden.
Tab. 1: Stadien, Wirkprinzipien und begleitende Agenzien (modifiziert nach Bayerl)4
Postinflammatorische Hyperpigmentierung
Ebenso kosmetisch störend sind postinflammatorische Hyperpigmentierungen wie Erythema ab igne ebenso wie eine Notalgia paraesthetica mit und – in zwei Dritteln der Fälle – ohne Hautveränderung, ausgelöst durch Irritation der Rami dorsales der Spinalnerven. Therapeutisch können hier z.B. Botox oder Cannabinoid-Rezeptor-Antagonisten zum Einsatz kommen. «Physiotherapie und Sport sind bei Notalgia paraesthetica auch eine gute Idee», so Bayerl. Häufig zu sehen ist die phytophototoxische Dermatitis mit bizarr konfigurierten Veränderungen an der Haut. Ein Photosensibilisator aus Pflanzenteilen kann hier die Ursache sein. «Der Löwenanteil der postentzündlichen Hyperpigmentierungen entsteht jedoch durch unsere kosmetologischen Angebote oder Lasereingriffe», berichtete Bayerl. Es handelt sich um die häufigsten Nebenwirkungen nach solchen Eingriffen. Zur Vermeidung sollten nach einer Behandlung die «drei S» – Sonne, Solarium, Sauna – vermieden werden. Vitamin-A-haltige Post-Peel-Produkte und Lichtschutzpräparate können nach einem chemischen Peeling die Hyperpigmentierung verhindern. Auch bei Akne, vor allem bei Betroffenen mit Hauttyp 3 bis 5, kann es zu postinflammatorischen Hyperpigmentierungen kommen, die sehr lange anhalten. Hier sei es wichtig, früh und intensiv zu behandeln und einen hohen Lichtschutz zu verwenden.
Neben Personen, die unter Hypo- oder Hyperpigmentierungen leiden, gebe es noch eine Gruppe von Menschen, die zwar ein homogenes Hautbild aufweisen, aber dennoch nicht glücklich damit sind, sagte Bayerl: So beobachte man beispielsweise im körperbetonten Umfeld von Body-Buildern sogenannte «Bronzoholics» oder auch «Tanorektiker». Hier komme laut der Expertin oftmals das nicht dafür zugelassene α-Melanozyten-stimulierende Hormon (α-MSH) Melanotan-II zum Einsatz, das zu einer starken Bräunung der Haut führt.5 Diese Substanz werde jedoch mit Nebenwirkungen wie einer Aktivierung von Naevi und der Entstehung von Melanomen in Zusammenhang gebracht.
Wenn der Nagel nicht richtig wächst
In der Regel läuft es kontinuierlich ab, an den Fingern schneller als an den Zehen: das Nagelwachstum. Während dieses Prozesses kann es zu echten und vermeintlichen Störungen kommen, bei denen der Nagel entweder zu viel, zu wenig oder in die falsche Richtung wächst. Beim Widderhorn-Nagel, der Onychogrypose, liegt beispielsweise ein abnormes Wachstum vor, dies ist jedoch nicht primär bedingt. Dabei kommt es zu einer meist gedrehten Hypertrophie, die häufiger bei älteren Menschen auftritt. «Hier liegt vielmehr eine Transportstörung im Nagelbett vor», erklärte Dr. med. Christoph Löser, leitender Oberarzt an der Hautklinik im Klinikum Ludwigshafen. Im Fall der Retronychie wächst der Nagel in die falsche Richtung und induziert eine Fremdkörperreaktion. Im Frühstadium könne medikamentös mit Steroiden therapiert werden. «Zusätzlich kann man durch Tapen das Wachstum in die richtige Bahn lenken», so Löser.
Als echte Wachstumsstörungen bezeichnete Löser bakterielle oder virale Infektionen, ebenso wie Pilze. Auf entzündlicher Ebene kann neben der Psoriasis auch ein Lichen ruber das Nagelwachstum stören. Letzteres bezeichnete der Experte als onychologischen Notfall, der frühzeitig durch gezielte Steroidinjektionen unter die Matrix behandelt werden sollte. Aber auch Traumata, seien sie iatrogen, durch Manipulation oder Unfall bedingt, können das Wachstum beeinflussen. Löser präsentierte darüber hinaus einen Fall, bei dem ein Tumor durch Druck unter der Matrix eine Dystrophie auslöste. Dieser konnte unter Erhalt der Nagelplatte minimalinvasiv entfernt werden. «Nägel verdienen Aufmerksamkeit und Respekt: Man sollte sich immer fragen, ob eventuell eine Wachstumsstörung vorliegt, um dann eine adäquate Therapie einleiten zu können», empfahl der Nagelexperte. Wichtig sei dabei ein stets schonendes Vorgehen, um Traumata zu vermeiden.
Quelle:
Symposium «Das tägliche Brot in der Praxis» im Rahmen der FOBI am 11. Juli 2024, München
Literatur:
1 Benito-Martínez S et al.: Research techniques made simple: cell biology methods for the analysis of pigmentation. J Invest Dermatol 2020; 140(2): 257-68.e8 2 Böhm M et al.: S1-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Vitiligo. J Dtsch Dermatol Ges 2022; 20(3): 365-79 3 Opzelura® Fachinformation, aktueller Stand 4 Bayerl C.: Unerwünschte und erwünschte Pigmentierung. Hautarzt 2015; 66(10): 757-63 5 Yardman-Frank JM, Fisher DE: Skin pigmentation and its control: From ultraviolet radiation to stem cells. Exp Dermatol 2021; 30(4): 560-71
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