
Neue Devices und Gentherapie
Bericht:
Reno Barth
Medizinjournalist
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Der europäische Herzinsuffizienzkongress Heart Failure 2025 fand vom 17. bis 20. Mai in Belgrad statt. Ausgewählte Studien und Studienupdates stellten Daten zu einem innovativen Device für das Monitoring bei Herzinsuffizienz sowie zur ersten Gentherapie bei Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie vor.
Keypoints
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Den Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten (MRA) abzusetzen erhöht unmittelbar das Risiko für kadiovaskuläre Ereignisse inkl. kardiovaskulärer Todesfälle.
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MRA und SGLT2-Inhibitoren sind in Kombination besser wirksam.
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Ein Sensor in der Vena cava inferior erkennt eine Kongestion.
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Die erste Gentherapie für Transthyretin-Amyloidose hat die Phase-I-Studie durchlaufen.
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Vutrisiran bewährt sich auch in neuen Analysen der Zulassungsstudie.
Die randomisierte, verblindete Zusatzstudie zur Phase-III-Studie FINEARTS-HF legt nahe, dass der nichtsteroidale Mineralokortikoidrezeptor-Antagonist (MRA) Finerenon nach längerer Behandlung besser nicht abgesetzt werden soll. Die erstmals im Rahmen des ESC-Kongresses 2024 vorgestellte Studie FINEARTS-HF zeigte bei Personen mit Herzinsuffizienz und erhaltener bzw. leicht reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (HFpEF und HFmrEF, LVEF ≥40%), dass Finerenon den kombinierten primären Endpunkt (alle Arten von Herzinsuffizienzereignissen sowie kardiovaskulärer Tod) nach 32 Monaten im Vergleich zu Placebo im Median signifikant reduziert (RR: 0,84; 95% CI: 0,74–0,95; p=0,007). Die kardiovaskuläre Mortalität war in der Finerenongruppe numerisch, aber nicht signifikant gesenkt. Die primären Ergebnisse waren durch alle vordefinierten Subgruppen konsistent und von LVEF und Vorbehandlung mit SGLT2-Inhibitoren (SGLT2i) unabhängig. Hyperkaliämien mit einem Kaliumspiegel über 6,0mmol/l traten bei 86 Personen (3,0%) in der Finerenongruppe und 41 Personen (1,4%) in der Placebogruppe auf. Es kam zu keinen fatalen Hyperkaliämien. Auch die Lebensqualität verbesserte sich unter Finerenon.1
Das Design von FINEARTS-HF sah nach dem Ende der doppelblinden Studienphase eine verblindete Absetzphase vor, auf die nach durchschnittlich 30 Tagen eine neuerliche Evaluation erfolgte. Die Ergebnisse dieses Absetzversuchs wurden nun im Rahmen des europäischen Heart-Failure-Kongresses 2025 präsentiert: «Der Sinn dieses Vorgehens bestand darin, zu ermitteln, was passiert, wenn Patient:innen die Behandlung mit der Studienmedikation abbrechen», so Muthiah Vaduganathan, Brigham and Women’s Hospital und Harvard Medical School, Boston, USA.
Die Ergebnisse legen nahe, dass das Absetzen des MRA keine sinnvolle Strategie sein dürfte. Während es in der Placebogruppe zu keinem signifikanten Anstieg der Zahl kardiovaskulärer Ereignisse inklusive kardiovaskulärer Todesfälle kam, nahmen sie nach dem Absetzen von Finerenon um den Faktor 2,8 zu. Nach dem Absetzen war die Ereignisrate damit in der Placebogruppe niedriger als in der Verumgruppe (Abb.1).2
Abb. 1: FINEARTS-HF: verblindeter Medikamentenentzug (präsentiert auf dem Heart-Failure-Kongress 2025)
Berichtet wird von ähnlichen, wenngleich etwas weniger ausgeprägten Absetzeffekten bei SGLT2i. «Die Daten stützen die Position der Leitlinien», so Vaduganathan. Diese fordern die dauerhafte Einnahme von Erhaltungstherapien bei Herzinsuffizienz. Die Studie wird in Kürze im Journal des American College of Cardiology publiziert. Bei der Diskussion der Ergebnisse verwies Maria Rosa Costanzo, Midwest Cardiovascular Institute in Naperville, USA, auf die Bedeutung von Absetzstudien, die wichtige Informationen für den Einsatz neuer Medikamente im klinischen Alltag sowie für die Erstellung von Leitlinien liefern.
SGLT2-Inhibitor und MRA in Kombination: kontrolliert getestet
Die Effekte einer kombinierten Therapie mit einem MRA und einem SGLT2i in einem Kollektiv von Patient:innen mit HFpEF oder HFmrEF im Vergleich zu einer SGLT2i-Monotherapie untersuchte die akademische SOGALDI-PEF-Studie, deren Ergebnisse Joao Pedro Ferreira, Universität Porto, Portugal, im Rahmen des Heart-Failure-Kongresses 2025 präsentierte. Untersucht wurde die Kombination von Dapagliflozin und Spironolacton im Vergleich zu einer Monotherapie mit Dapagliflozin über 12 Wochen. Ein ursprünglich vorgesehener dritter Arm mit einer Spironolacton-Monotherapie wurde angesichts von Phase-III-Studien wie EMPEROR-Preserved und DELIVER abgebrochen, da es ethisch nicht mehr vertretbar war, Herzinsuffizienzpatient:innen einen SGLT2i vorzuenthalten. Untersucht wurde eine multimorbide Population. Mehr als 40% der Proband:innen litten unter einer chronischen Nierenerkrankung, mehr als 50% unter Vorhofflimmern und das Durchschnittsalter lag bei 76 Jahren.
Unter der Kombinationstherapie zeigte sich eine deutlichere Senkung des NT-proBNP (um 11%) als unter der Monotherapie mit Dapagliflozin. Der Anteil an Patient:innen, die eine Reduktion des NT-proBNP um mindestens 20% erreichten, war im Kombinationsarm im Vergleich zur Monotherapie mit Dapagliflozin mehr als verdoppelt. Dies wurde mit einem höheren Kaliumanstieg unter kombinierter Behandlung erkauft. Auch ein Abfall des systolischen Blutdrucks unter 100mmHg oder eine Reduktion der eGFR um mindestens 40% ereigneten sich häufiger unter der Kombinationstherapie.3
Herzüberwachung mittels Sensor in Vena cava inferior
Daten zu einem neuartigen Device (FIRE1), das das Management der Herzinsuffizienz verbessern soll, präsentierte Kevin Damman, University Medical Center in Groningen, Niederlande, mit der FUTURE-HF-Studie. Darin wurden Langzeitsicherheit, Messgenauigkeit und klinischer Nutzen eines implantierbaren Sensors in der Vena cava inferior (VCI) zur ambulanten Fernüberwachung untersucht. Der Sensor misst Veränderungen der Vena cava, die als Surrogatparameter für Kongestion gewertet werden können. Diese Parameter werden benötigt, da ein Anstieg des Volumens nicht zwangsläufig mit einem sofortigen Anstieg des Drucks korreliert. «Das Gefässsystem puffert Veränderungen des Volumens ab, um die Vorlast des Herzens im physiologischen Bereich zu stabilisieren», erläutert Damman.
Der in FUTURE-HF verwendete Sensor misst die Fläche sowie die Kollapsneigung der Vena cava inferior. Der Sensor wird unterhalb der Lebervenen positioniert und überträgt drahtlos kontinuierliche VCI-Daten für ein Fernmonitoring der Patient:innen. Strukturelle Veränderungen der VCI dürften als frühe Indikatoren einer Volumenüberlastung herangezogen werden – als isolierte Druckmessungen. «Auf Basis dieser Messungen könnte in Zukunft auf eine Verschlechterung der klinischen Situation reagiert werden, bevor es zur Dekompensation kommt», erläutert Damman.
In FUTURE-HF wurden insgesamt 65 erwachsene Personen, die innerhalb des letzten Jahres eine Herzinsuffizienz-bedingte Hospitalisierung durchgemacht hatten und erhöhte NT-proBNP-Spiegel aufwiesen, obwohl sie unter optimaler medikamentöser Therapie standen, in 18 Zentren eingeschlossen. Allen Studienpatient:innen wurde der Sensor in einem ambulanten Eingriff implantiert. Die Ablesung der Daten erfolgte durch die Patient:innen, das Studienteam hatte über ein cloudbasiertes System Zugriff auf die Sensordaten.
Implantation und Datenübertragung waren bei allen Patient:innen erfolgreich und blieben ohne schwerwiegende unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit dem Gerät oder dem Eingriff. Der Sensor zeigte ohne weitere Kalibrierung eine anhaltend hohe Messgenauigkeit nach 12 Monaten, wobei mittels Computertomografie gemessene Werte als Referenz dienten. Auf Veränderungen der gemessenen Parameter wurde mit Anpassungen der medikamentösen Therapie reagiert. Dies führte zu signifikanten klinischen Verbesserungen. So erreichten 50% der Patient:innen eine Verbesserung der NYHA-Klasse und der mediane NT-proBNP-Wert ging von 1697ng/l (1144–2613) zu Studienbeginn auf 989ng/l (718–2073) nach 12 Monaten zurück. Dies ging mit einer Reduktion der Zahl klinischer Ereignisse um 75% im Vergleich zum Jahr vor Einschluss in die Studie einher.
Das VCI-Signal dürfte rund 90 Tage vor einem Herzinsuffizienzereignis auffällig werden und normalisiert sich nach erfolgreicher Anpassung der Therapie.4 In einem weiteren Entwicklungsschritt soll nun eine Smartphone-App zum Datenmonitoring eingesetzt werden, die den Patient:innen beim Selbstmanagement unter ärztlicher Anleitung helfen soll.
Transthyretin-Amyloidose: erste Gentherapie mit CRISPR-Cas9
Einen radikalen Ansatz in der Behandlung der Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie (ATTR-CM) präsentierte Marianna Fontana, University College London, Grossbritannien. Bei der ATTR-CM kommt es durch Fehlfaltung des Transportmoleküls Transthyretin (TTR) zur Ablagerung von TTR-Amyloidfibrillen im Herzmuskel. Aktuelle Behandlungsansätze beruhen auf einer Stabilisierung von TTR oder unterbinden die TTR-Synthese in der Leber. Letzteres wurde nun mittels einer CRISPR-Cas9-basierten Gentherapie versucht, die das TTR-Gen gezielt inaktiviert und dadurch die hepatische Synthese von Transthyretin langfristig verhindern soll. Das Gentherapeutikum Nexiguran Ziclumeran (Nex-Z) wurde in einer Phase-I-Studie in einer gemischten Population von 36 Patient:innen mit hereditärer (ATTRv-CM) und Wildtyp-Erkrankung (ATTRwt-CM) untersucht. Alle Proband:innen erhielten eine einmalige intravenöse Infusion von Nex-Z (0,7 oder 1,0mg/kg oder 55mg als Fixdosis). Primärer Endpunkt der Studie war die Veränderung der Serum-TTR-Konzentration. Verschiedene klinische Parameter wie NT-proBNP, hs-TroponinT, 6-Minuten-Gehtest (6MWT), KCCQ-Gesamtscore sowie NYHA-Klasse wurden als sekundäre Endpunkte erhoben und das Follow-up betrug mindestens 12 Monate. Fast alle Proband:innen waren männlich (97%), die Hälfte wies eine fortgeschrittene Herzinsuffizienz der NYHA-KlasseIII auf. NYHA-Klasse IV war hingegen ein Ausschlusskriterium.
Die Behandlung mit Nex-Z erwies sich als hochwirksam und führte innerhalb von 12 Monaten zu einem Abfall des TTR-Spiegels um 93% bei ATTRwt und um 85% bei ATTRv. Die erreichten Werte blieben über zwei Jahre stabil. Klinisch zeigten sich Hinweise auf Krankheitsstabilisierung mit unverändertem NT-proBNP, hs-TroponinT und 6MWT. Die NYHA-Klasse stabilisierte oder verbesserte sich bei 88% der ATTRwt- und bei 100% der ATTRv-Betroffenen. Die Lebensqualität verbesserte sich in klinisch relevantem Mass und auch die Verträglichkeit der Therapie war gut.5 Infusionsreaktionen traten bei 14% der Patient:innen auf, verliefen in der Regel jedoch mild und transient. Eine Phase-III-Studie mit Nex-Z, auf deren Basis eine Zulassung erfolgen könnte, hat bereits begonnen.
Mehr Daten zu Vutrisiran: Wirksamkeit und Verträglichkeit bestätigt
Bereits in der Indikation ATTR-CM zugelassen ist die «Small interfering»-RNA Vutrisiran. Für sie konnte in der internationalen, multizentrischen, doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studie HELIOS-B über 42 Monate eine signifikante Risikoreduktion in Bezug auf den primären Endpunkt (Gesamtmortalität, wiederholte kardiovaskuläre Ereignisse) im Vergleich zu Placebo gezeigt werden. Unter Vutrisiran stabilisierte sich auch die Lebensqualität, während sie unter Placebo progredient abnahm.6
Im Rahmen des Heart-Failure-Kongresses 2025 wurden nun neue Analysen und Daten aus dem Kollektiv von HELIOS-B präsentiert – konkret aus dem Follow-up weiterer Patient:innen über 42 Monate in Bezug auf kardiovaskuläre Mortalität und Gesamtmortalität sowie die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse über 36 Monate. Zum Stichtag im November 2024 waren für 96,3% der Studienpatient:innen Daten über 42 Monate verfügbar. Die aktuellen Daten stützen die publizierten Ergebnisse der primären Auswertung. Vutrisiran reduzierte über 42 Monate die Gesamtmortalität in der Gesamtpopulation der Studie um 36% sowie die in der Monotherapiepopulation um 42%. Die kardiovaskuläre Mortalität wurde in beiden Populationen um rund ein Drittel gesenkt. Auch Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz waren unter Therapie mit Vutrisiran signifikant seltener.7
Quelle:
Vortrag «Hottest trials and trial updates» im Rahmen des Heart-Failure-Kongresses, 17. Mai 2025, Belgrad, Serbien
Literatur:
1 Solomon SD et al.: Finerenone in heart failure with mildly reduced or preserved ejection fraction. N Engl J Med 2024; 391: 1475-85 2 Vagunathan M et al.: Blinded withdrawal of Finerenon after long term treatment in FINEARTS-HF. Präsentiert auf dem Heart-Failure-Kongress 2025 am 17.5.2025 3 Ferreira JP et al.: SOdium-Glucose cotransporter 2 inhibitor with and without an ALDosterone AntagonIst for heart failure with preserved ejection fraction. SOGALDIPEF trial. Präsentiert auf dem Heart-Failure-Kongress 2025 am 17.5.2025 4 Damman K et al.: Long-term safety, accuracy, and utility of a novel implantable IVC sensor for remote HF management. The FUTURE-HF study portfolio: 12 months.Präsentiert auf dem Heart-Failure-Kongress 2025 am 17.5.2025 5 Fontana M et al.: CRISPR gene editing with nexiguran ziclumeran in ATTR cardiomyopathy: treatment effect in hereditary vs. wild-type disease. Präsentiert auf dem Heart-Failure-Kongress2025 am 17.5.2025 6 Fontana M et al.: Vutrisiran in patients with transthyretin amyloidosis with cardiomyopathy. N Engl J Med 2025; 392: 33-44 7 Witteles R et al.: Vutrisiran reduces all-cause mortality, cardiovascular mortality and cardiovascular events in patients with transthyretin amyloid cardiomyopathy: analysis from the HELIOS-B trial. Präsentiert auf dem Heart-Failure-Kongress 2025 am 17.5.2025
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