
Gelenkentzündungsmuster möglicher prädiktiver Faktor
Bericht:
Dr. rer. nat. Doris Maugg
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Ein niederländisches Forschungsteam identifizierte anhand der Gelenkbeteiligung vier Phänotypen von Erkrankten mit früher rheumatoider Arthritis (RA). Angewendet auf zwei große Studienkohorten zeigte sich, dass Betroffene mit polyartikulärer Erkrankung signifikant schlechter auf die Therapie ansprachen als solche mit entzündeter Handbeteiligung.
Keypoints
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Anhand der Gelenkbeteiligungsmuster bei Betroffenen mit RA konnten vier Phänotypen identifiziert werden, die unterschiedlich auf MTX ansprachen.
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Angewendet auf große Studienkohorten mit unterschiedlichen Therapieregimen wurden diese vier Phänotypen bestätigt.
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Eine polyartikuläre Erkrankung war mit einem verringerten Ansprechen (Clinical Disease Activity Index[CDAI]-Verbesserung) verbunden als bei ausschließlicher Handbeteiligung.
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Bei den vier Phänotypen waren csDMARDs im Vergleich zu bDMARDs gleich wirksam bzw. nicht wirksam.
Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung mit einem sehr heterogenen Krankheitsbild. Während manche Patientinnen und Patienten milde und langsam fortschreitende Beschwerden entwickeln, kann es bei anderen wiederum zu einem raschen und aggressiven Krankheitsprogress mit ausgeprägter Entzündung und progredienter Gelenkdestruktion kommen. Je nach Ausprägung der Entzündungen bei Diagnose wird eine medikamentöse Erstlinientherapie mit csDMARDs wie Methotrexat (MTX) empfohlen und ggf. vorübergehend um Kortikosteroide ergänzt. In der Zweitlinie, wenn Betroffene nicht ausreichend auf MTX ansprechen, können u.a. biologische (b)DMARDs wie Certolizumab-Pegol (CZP; TNFα-Inhibitor), Abatacept (ABA; T-Zell-Kostimulator) oder Tocilizumab (TCZ; IL-6-Inhibitor) eingesetzt werden.1
Prädiktive Marker für Therapieansprechen
Kürzlich wurde gezeigt, dass Betroffene mit hohen Rheumafaktor(RF)-Werten, welche mit einem schweren Krankheitsverlauf und einer erhöhten Krankheitsaktivität in Verbindung stehen, besser auf eine Therapie mit CZP ansprachen im Vergleich zu Erkrankten, die eine Therapie mit einem Fc-haltigen TNF-Inhibitor erhielten, was möglicherweise auf einen molekularen Mechanismus zurückzuführen ist.2 Andere prädiktive Biomarker wie das C-reaktive Protein (CRP) werden in laufenden Studien untersucht. Neue prädiktive Biomarker könnten helfen, das Ansprechen auf unterschiedliche Therapien mit verschiedenen Wirkmechanismen besser einschätzen zu können.3
Phänotypen mit unterschiedlicher Gelenkbeteiligung
Das Forscherteam um Tjardo D. Maarseveen vom Medical Center der Universität Leiden, Leiden, Niederlande, ging mithilfe von datenbasierten Methoden (Deep Learning und Clustering) der Frage nach, ob es versteckte Muster der RA gibt, die genutzt werden könnten, um die Ätiologie der RA besser zu verstehen und gezieltere Behandlungsstrategien zu ermöglichen, wie Maarseveen auf dem EULAR-Kongress 2025 in Barcelona, Spanien, vorstellte. Mithilfe einer Clusteringanalyse von Daten – darunter Blutwerte sowie Anzahl und Lokalisation der Gelenkentzündungen – von knapp 1400 RA-Patienten der Universität Leiden konnten die Forschenden vier verschiedene Patienten-Phänotypen identifizieren.4 Diese vier Cluster unterschieden sich hinsichtlich der Gelenkbeteiligung („joint involvement patterns“; JIP) bei Diagnose, woraus die Forschenden vier JIP-Subgruppen ableiteten:
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Arthritis in den Füßen (JIP-Fuß),
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seropositive oligoartikuläre Erkrankung (JIP-Oligo),
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seronegative Handarthritis (JIP-Hand) und
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Polyarthritis (JIP-Poly).
Bei Analyse des Ansprechens dieser vier JIP-Subgruppen auf eine MTX-Therapie zeigte sich, dass die JIP-Hand-Gruppe am besten auf die MTX-Behandlung ansprach, die JIP-Poly-Gruppe hingegen am schlechtesten. Für JIP-Hand gegenüber JIP-Fuß betrug die Hazard-Ratio (HR) für Remission 0,37 (95% CI: 0,15–0,60; p<0,001); bei JIP-Hand gegenüber JIP-Poly betrug die HR 0,33 (95% CI: 0,15–0,72; p=0,005). Dies war unabhängig von der Ausgangsaktivität der Krankheit, den klinischen Markern (RF, ACPA, Geschlecht, Alter) und der Dauer der Symptome.5
Anschließend wendete das Forscherteam das JIP-Clustering auf zwei große Patientenkohorten der Studien NORD-STAR6 und BeSt7 an, mit dem Ziel, das Ansprechen (CDAI-Verbesserung) auf die verschiedenen Therapieregime in den JIP-Gruppen zu untersuchen. Im ersten Schritt konnten sie die vier JIP-Subgruppen in diesen Kohorten bestätigen, wie Maarseveen erklärte.
NORD-STAR- und BeSt-Therapieregime
In der Prüfer-initiierten, randomisierten NORD-STAR-Studie wurde die Remissionsrate (CDAI≤2,8) bei therapienaiven RA-Patienten bei Behandlung mit MTX in Kombination mit aktiver konventioneller Therapie (ACT) bzw. MTX in Kombination mit einer biologischen Therapie (CZP, ABA bzw. TCZ) nach 24 Wochen verglichen.6 An der Studie nahmen 812 Patientinnen und Patienten mit einem Disease Activity Score (DAS) >3,2 sowie positiver RF oder ACPA oder CRP>10 mg/l teil. Nach 24 sowie in der Auswertung nach 48 Wochen wurden hohe Remissionsraten in allen Behandlungsarmen erreicht. Dabei war ACT der Kombination mit TCZ nicht unterlegen; jedoch die Kombination mit ABA bzw. CZP zeigte jeweils signifikant verbesserte CDAI-Remissionsraten.8
An der multizentrischen randomisierten BeSt-Studie nahmen 508 Patientinnen und Patienten mit früher aktiver RA mit einer Symptomdauer von meist <2 Jahren teil. Die Langzeitauswertung mit einem medianen Follow-up von 10 Jahren zeigte, dass eine initiale aggressive Therapiekombination – bestehend aus initialer Kombinationstherapie mit Prednison bzw. dem TNF-Blocker Infliximab – zu schnelleren klinischen Verbesserungen führte gegenüber einer sequenziellen DMARD-Monotherapie sowie im Vergleich zu einer Step-up-Kombinationstherapie.7 Die Ergebnisse zeigten, dass eine frühe Behandlung die frühen klinischen Ergebnisse verbessert und eine Treatment-to-Target-Strategie – die Anpassung einer Therapie durch eine regelmäßige Krankheitskontrolle zur Erreichung der festgelegten Therapieziele – die Therapieoutcomes langfristig beeinflusst.
Stärkste CDAI-Verbesserung in JIP-Hand-Gruppe
Mithilfe einer Metaanalyse der individuellen Patientendaten dieser Studienkohorten bestimmte das Forscherteam um Maarseveen den CDAI-Wert innerhalb von 12 Monaten nach Behandlung im Vergleich zum Ausgangswert bei Diagnose. Sekundär untersuchten sie die Wahrscheinlichkeit für eine CDAI-Remission in der jeweiligen Phänotypen-Gruppe und den Einfluss weiterer klinischer Parameter.
Es zeigte sich, dass die JIP-Hand-Gruppe mit dem stärksten Effekt hinsichtlich einer Verbesserung des CDAI-Wertes verbunden war (Effekt Beta auf den CDAI-Wert: 1,4; p=0,0016), was bedeutet, dass sich bei diesem Patienten-Phänotyp der CDAI-Wert durchschnittlich um 1,4 Punkte verbesserte, wohingegen die JIP-Poly-Gruppe mit der geringsten CDAI-Verbesserung verbunden war (Beta: 0,95; p=0,035), wie Maarseveen vorstellte. Auch nach Anpassung um weitere klinische Variablen wie Alter, Geschlecht, ACPA, RF und Dauer der Symptome zeigte die JIP-Hand-Gruppe die stärkste CDAI-Verbesserung (Beta-Wert=1,3; p=0,0039). Auch eine CDAI-Remission (sekundärer Endpunkt) konnte mit einer größeren Wahrscheinlichkeit in der JIP-Hand-Gruppe erreicht werden. Die Odds Ratio (OR) für eine CDAI-Remission betrug für diese Gruppe 1,7 (p=0,0054). Die sekundäre Analyse zeigte zudem, dass ein weibliches Geschlecht als einziger Parameter im Vergleich zu Alter, ACPA, RF und Dauer der Symptome mit einer verschlechterten Krankheitsaktivität verbunden war, so Maarseveen.
Die gepoolte Analyse der NORD-STAR- und BeSt-Patientenkohorten hinsichtlich des Outcomes bei einer biologischen Behandlung mit den bDMARDs CZP, ABA, TCZ bzw. Infliximab und einer Behandlung mit csDMARDs zeigte keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den JIP-Gruppen (p>0,10); die bDMARDs waren somit gleichermaßen wirksam bzw. nicht wirksam im Vergleich zur csDMARDs innerhalb der JIP-Subgruppen.
Mögliches unterschiedliches Ansprechen im Blick haben
Die Forschergruppe um Maarseveen konnte bei Patienten der Universität Leiden zeigen, dass Erkrankte mit polyartikulären Erkrankungen einen Phänotyp darstellen, der möglicherweise schlechter auf eine MTX-Therapie anspricht. Bei der Anwendung der Clusteranalyse auf die Studienkohorten der NORD-STAR- und BeSt-Studien war der JIP-Hand-Phänotyp mit einer stärkeren CDAI-Verbesserung verbunden; die JIP-Poly-Gruppe sprach auch hier am schlechtesten an. Das Ansprechen auf eine Behandlung mit csDMARDs bzw. bDMARDs innerhalb der vier JIP-Phänotypen unterschied sich jedoch nicht, schlussfolgert Maarseveen. Die Sitzungsvorsitzende Dr. Frieda Koopman vom Medical Center der Universität Amsterdam, Amsterdam, Niederlande, resümierte, dass diese Ergebnisse zwar noch keine konkrete klinische Konsequenz hätten, wie beispielsweise eine aggressivere oder andere Behandlung der JIP-Poly-Patienten. Dennoch könne man bereits das unterschiedliche Ansprechen der Subgruppen im Blick haben und sich bewusst machen, dass Patienten der JIP-Poly-Gruppe möglicherweise nicht gut auf eine MTX-Therapie ansprechen könnten.
Quelle:
EULAR – European Congress of Rheumatology 2025, 11.–14. Juni 2025, Barcelona, Spanien – oral presentation (OP0323)
Literatur:
1 Smolen JS et al.: Ann Rheum Dis 2023; 82: 3-18 2 Smolen JS et al.: Rheumatology 2024; 63: 3015-24 3 Smolen JS: Rheumatology 2025, 64; (Supple_2): ii3-ii8 4 Maarseveen TD et al.: medRxiv 2023 5 Maarseveen TD et al.: PREPRINT (Version 1) 2025; available at Research Square 6 Hetland ML et al.: Ann Rheum Dis 2020; 79: 13-4 7 Markusse IM et al.: Ann Intern Med 2016; 164(8): 523-31 8 Østergaard M et al.: Ann Rheum Dis 2023; 82(10): 1286-95
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