Aktuelle Studienlage zur vaginalen Östrogenisierung
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Bis zu 84% der Frauen in der Menopause sind vom urogenitalen Menopausensyndrom betroffen. Derzeit stellt es immer noch ein schambehaftetes Thema dar. Der Therapiefokus liegt je nach Beschwerdebild vorrangig bei nicht hormonellen Feuchtigkeitspräparaten. Bei Therapieresistenz soll den betroffenen Frauen eine lokale Therapie mit Östrogenen angeboten werden. Die vaginale Behandlung von Frauen mit urogenitalem Menopausensyndrom und Z.n. Mammakarzinom oder Z.n. Endometriumkarzinom mit Ersatztherapie ist nach der neueren Datenlage sicherer, jedoch besteht weiterhin Forschungsbedarf.
Das „genitourinary syndrome of menopause“ (GSM), übersetzt urogenitales Menopausensyndrom (UMS), beschreibt das Ergebnis des Östrogenverlusts, vor allem lokal, in der Menopause. Die Symptome reichen von vaginaler Trockenheit oder Brennen über Dyspareunie bis hin zu vaginalen Blutungen. Zusätzlich geht das UMS auch mit häufigem Harndrang, rezidivierenden Harnwegsinfekten bis hin zur Inkontinenz (vor allem „overactive bladder“; OAB) einher.
Epidemiologie
Je nach Studienergebnissen sind bis zu 84% der Frauen von UMS betroffen.1,2
Zusätzlich liegen Daten vor, dass ca. 70% der Betroffenen ihre Beschwerden aufgrund von Scham und Tabuisierung nicht bei der betreuenden Fachärztin/ beim betreuenden Facharzt ansprechen.3,4.
Ein prädisponierendes Kollektiv für UMS stellen Frauen mit einer vorangegangenen Mammakarzinomgeschichte dar, die eine Chemotherapie oder eine Therapie mit Aromatase-Inhibitoren erhalten haben.
Diagnostik
Bei der Abklärung liegt der Hauptfokus auf der Anamnese und den subjektiven Beschwerden. Bei vorausgegangener oder aktuell bestehender vaginaler Blutung ist vor Beginn einer hormonellen Therapie eine Abklärung durch eine diagnostische Hysteroskopie mit fraktionierter Kürretage oder in einzelnen Fällen eine Probengewinnung mittels Pipelle notwendig.
Zusätzlich sollten lichenoide Veränderungen oder andere vaginale Infektionen vor Therapiebeginn ausgeschlossen werden.
Therapie
Nach vorliegenden Leitlinien ist die First-Line-Therapie die Verordnung von nicht hormonellen Feuchtigkeitspräparaten.5,6 Bei zusätzlich vorliegender Dyspareunie oder funktionellen Beckenbodenbeschwerden ist eine Verordnung für Beckenbodentraining bei zertifizierten Physiotherapeut:innen erwägenswert.5
Bei weiterhin persistierenden Beschwerden soll den betroffenen Frauen eine Therapie mit vaginalen Östrogenen (vaginale ET) angeboten werden.5,6
Spezialsituation: Mammakarzinom
Wie oben beschrieben stellen Frauen mit einer vorangegangenen Mammakarzinomgeschichte ein prädisponierendes Kollektiv für Beschwerden aus dem Kreis des UMS dar.
Nach der aktuellen Leitlinie zu Peri- und Postmenopause, Diagnostik und Interventionen der DGGG, SGGG und OEGGG (diese wird zum jetzigen Zeitpunkt überarbeitet) wird ein möglicher Anstieg des systemisch wirksamen Östrogenspiegels bei vaginaler Ersatztherapie (ET) beschrieben. Laut der Leitlinie ist nicht bekannt, ob dies zu einem erhöhten Brustkrebsrisiko führt, es wird jedoch beschrieben, dass bei chronischer Anwendung der Einfluss auf das Brustkrebsrisiko unwahrscheinlich ist.
Somit scheint eine Behandlung mit ultraniedrig dosiertem Östriol (entsprechend 0,03mg, 3x/Woche) vertretbar zu sein.6
Ein systematischer Review mit Metaanalyse (n =61695) von Beste et al. aus dem Jahr 2024 beschäftigte sich mit der mehrjährigen Anwendung von vaginaler ET bei Frauen mit Z.n. Mammakarzinom.
Zumeist wurden Estradiol-haltige Präparate verwendet, seltener Estriol-haltige. Diese Forschungsgruppe kam zum Ergebnis, dass kein erhöhtes Risiko für ein Rezidiv oder eine erhöhte Mortalitätsrate bei der Anwendung von vaginaler ET nach Mammakarzinom vorliegt.7
Eine weitere Forschungsgruppe um McVicker berichtete von keiner erhöhten Mortalitätsrate innerhalb von fünf bis acht Jahren bei Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom oder Patientinnen, die mit Aromatase-Inhibitoren behandelt wurden.8
Bei Agrawal et al. lag die Therapiedauer zwischen einem und zehn Jahren. In ihrer Arbeit beschrieben sie kein erhöhtes Risiko für ein Mammakarzinomrezidiv innerhalb von fünf Jahren, unabhängig vom Hormonstatus.9
Darüber hinaus wird in der Arbeit von Beste et al. auch ein konstant niedriger Estrogenspiegel bei den Probandinnen beschrieben.7 Bezüglich dieser Arbeit bleibt jedoch zu diskutieren, ob möglicherweise ein „healthy user bias“ (Medikamente werden eher gesünderen und sexuell aktiven Patientinnen mit besserer Prognose verordnet) für die positiven Daten verantwortlich ist.
Die rezenteste Arbeit (Mitchel et al.)über die vaginale ET bei Patientinnen mit Mammakarzinom erschien im September 2025 und beschreibt ein statistisch signifikant verlängertes Gesamtüberleben (mehr als sieben Jahre) bei vaginaler ET (auch in Bezug auf Hormonrezeptor-positive Mammakarzinome).10
Spezialsituation: Endometriumkarzinom
Nach der aktuellen Leitlinie zu Peri- und Postmenopause, Diagnostik und Interventionen der DGGG, SGGG und OEGGG gibt es unter vaginaler ET keinen Hinweis auf eine Endometriumhyperplasie. Zudem wird eine Kombinationstherapie mit Gestagenen bei ausschließlich vaginaler Verabreichung der Östrogene nicht empfohlen. Prinzipiell soll bei Symptomen aus dem Beschwerdenkreis des UMS vorrangig eine lokale Therapie mit vaginalen Feuchtigkeitspräparaten gestartet werden. Bei Beschwerdenpersistenz kann eine vaginale ET erwogen werden.6
Auch nach der rezent publizierten Leitlinie von AUA/SUFU/AUGS zum UMS aus dem Jahr 2025 sollen Patientinnen darüber informiert werden, dass eine lokale Östrogenisierung das Risiko für die Entwicklung einer Endometriumhyperplasie mit Atypien oder eines Endometriumkarzinoms (innerhalb von 8–36 Wochen der Anwendung) nicht erhöht.5
Zwei Reviews kamen ebenso zum Ergebnis, dass das Endometriumhyperplasie- und -karzinomrisiko unter vaginaler ET nicht erhöht ist.11,12
Fazit
Die vorliegenden neueren Studien liefern gute Daten und zeigen einen gewissen Sicherheitsaspekt in der Anwendung von vaginaler ET nach Mammakarzinom und Endometriumkarzinom auf. Jedoch gibt es noch Forschungsbedarf und bis dahin sollten eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung und eine genaue Aufklärung der betroffenen Patientinnen vorrangig sein.
Literatur:
1 Parish SJ et al.: Impact of vulvovaginal health on postmenopausal women: a review of surveys on symptoms of vulvovaginal atrophy. Int J Womens Health 2013; 5: 437-47 2 The 2020 genitourinary syndrome of menopause position statement of The North American Menopause Society. Menopause 2020; 27(9): 976-92 3 Kingsberg SA et al.: Female sexual health: barriers to optimal outcomes and a roadmap for improved patient-clinician communications. J Womens Health 2019; 28(4): 432-43 4 Pandit L, Ouslander JG: Postmenopausal vaginal atrophy and atrophic vaginitis. Am J Med Sci 1997; 314(4): 228-31 5 Kaufman MR et al.: The AUA/SUFU/AUGS Guideline on Genitourinary Syndrome of Menopause. J Urol 2025; 214(3): 242-50 6Peri- and Postmenopause – Diagnosis and Interventions. Guideline of the DGGG, SGGG and OEGGG [Internet]. 2020. Available from: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-062.html 7 Beste ME et al.: Vaginal estrogen use in breast cancer survivors: a systematic review and meta-analysis of recurrence and mortality risks. Am J Obstet Gynecol 2025; 232(3): 262-70.e1 8 McVicker L et al.: Vaginal estrogen therapy use and survival in females with breast cancer. JAMA Oncol 2024; 10(1): 103 9 Agrawal P et al.: Safety of vaginal estrogen therapy for genitourinary syndrome of menopause in women with a history of breast cancer. Obstet Gynecol 2023; 142(3): 660-8 10Mitchel O et al.: Use of local estrogen therapy among breast cancer patients in SEER-MHOS database. JCO 2025; 43(16_suppl): 578 11 Constantine GD et al.: Endometrial safety of low-dose vaginal estrogens in menopausal women: a systematic evidence review. Menopause 2019; 26(7): 800-7 12 Crandall CJ et al.: Safety of vaginal estrogens: a systematic review. Menopause 2020; 27(3): 339-60
Das könnte Sie auch interessieren:
Unser Universimed-Team berichtet für Sie aus Salzburg!
Die Jahrestagung der OEGGG findet in diesem Jahr vom 30. Mai bis 2. Juni in Salzburg statt. Diese Veranstaltung ist zweifelsohne eine der bedeutendsten Tagungen für Gynäkologinnen und ...
OeGGG 2018
...
OeGGG 2018
Test...