Paradigmenwechsel beim bullösen Pemphigoid
Bericht:
Reno Barth
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Bis vor Kurzem waren orale und topische Kortikosteroide alleiniger «standard of care» in der Behandlung des bullösen Pemphigoids. Mit der Zulassung des gegen IL-4/IL-13 gerichteten Antikörpers Dupilumab könnten sich die Empfehlungen schon bald ändern, zumal die Ergebnisse der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie gute Wirksamkeit und Verträglichkeit sowie einen Steroid-sparenden Effekt zeigen.
Mit einer Gesamtprävalenz von 1:4000 mit starkem Altersanstieg ist das bullöse Pemphigoid die häufigste blasenbildende Hauterkrankung. Es handelt sich um eine Autoimmundermatose mit subepidermaler Spaltbildung und dermalem neutrophilem und eosinophilem Infiltrat, hinter der eine Autoimmunantwort gegen Adhäsionsproteine steht. Neben gewebegebundenen und zirkulierenden IgG-Autoantikörpern spielen IgE-Autoantikörper pathogenetisch eine Rolle. Aufgrund der Autoimmungenese stellen Steroide die gängige und über lange Zeit einzige Behandlung dar. Topische oder orale Steroide sind folglich auch die Therapie der ersten Wahl in der vor drei Jahren publizierten Leitlinie der EADV,1 wie Prof. Dr. med. Frédéric Caux, Leiter der dermatologischen Abteilung am Hôpital Avicenne in Bobigny, Frankreich, ausführte. Als Zweitlinientherapie werden unter anderem Methotrexat oder Azathioprin empfohlen.
Mit dem Biologikazeitalter eröffneten sich allerdings Optionen, gezielter in den Autoimmunprozess einzugreifen. Rituximab, Omalizumab und Dupilumab wurden in der Leitlinie von 2022 auch als Third-Line-Therapien gelistet, was zu diesem Zeitpunkt vor allem auf Fallberichten basierte. Seitdem hat sich die Evidenzlage jedoch verändert. Zu Dupilumab, einem rekombinanten, humanen, monoklonalen IgG4-Antikörper, der sich gegen die Alpha-Untereinheit der Rezeptoren von Interleukin(IL)-4 und IL-13 richtet, wurden mehrere Fallserien sowie eine Metaanalyse mit guten Erfolgen beim bullösen Pemphigoid präsentiert.2 Dupilumab war zu diesem Zeitpunkt bereits in den Indikationen schweres Asthma, atopische Dermatitis und chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen zugelassen.
Dupilumab: anhaltende Remission bei mehr als 20% der Patienten
In der Indikation bullöses Pemphigoid beruht die mittlerweile in Europa, den USA und Japan erteilte Zulassung auf den Ergebnissen der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II/III-Studie LIBRTY-BP ADEPT mit 106 erwachsenen Patienten und einer Beobachtungszeit von 52 Wochen, deren Ergebnisse von Caux im Rahmen der diesjährigen Tagung der American Academy of Dermatology vorgestellt wurde.3 Die Probanden erhielten entweder Dupilumab 300mg (n=53) alle zwei Wochen oder Placebo (n=53) zusätzlich zu den oralen Kortikosteroiden, die den Therapiestandard in dieser Indikation darstellen. Bei Ansprechen wurde mit dem Ausschleichen der Steroide begonnen. Primärer Endpunkt war der Anteil der Patienten, der nach 36 Wochen eine anhaltende Krankheitsremission erreicht hatte. Zu Woche 36 hatten unter Dupilumab fünfmal mehr Teilnehmer eine anhaltende Remission erreicht als unter Placebo (20,2% vs. 4,0%, p=0,0114). Die anhaltende Remission war definiert als komplette Remission ohne Steroide zu Woche 16, kein Bedarf an Rescue-Therapie über 36 Wochen Behandlungszeitraum sowie das Ausbleiben von Rückfällen über 36 Wochen nach Absetzen der Steroide. Im Hinblick auf diese dritte Komponente des primären Endpunkts erwies sich die Überlegenheit von Dupilumab als besonders deutlich (Abb. 1). Dupilumab erwies sich auch im Hinblick auf mehrere sekundäre Endpunkte wie Juckreiz oder Krankheitsaktivität als signifikant überlegen im Vergleich zu Placebo. 39,8% der Patienten unter Dupilumab erreichten zu Woche 36 eine Verbesserung um ≥4 Punkte im Peak Pruritus Numerical Rating Scale (PP-NRS)Score vs. 10,6% unter Placebo (p=0,0006) (Abb. 2). Unerwünschte Ereignisse traten im Verum- und Placebo-Arm mit gleicher Häufigkeit auf.
Abb. 1: Signifikant mehr Patienten erreichten unter Dupilumab eine anhaltende Remission als unter Placebo (modifiziert nach Caux F et al. 2025)3
Abb. 2: Signifikante Verbesserung des Juckreizes (sekundärer Endpunkt) unter Dupilumab vs. Placebo zu Woche 36 (modifiziert nach Caux F et al. 2025)3
Da Dupilumab in der Indikation bullöses Pemphigoid seit Jahren «off-label» eingesetzt wird, liegen auch bereits Real-World-Daten vor. Im Rahmen des EADV 2025 wurde ein systematischer Review samt einer Metaanalyse von 7 solcher Beobachtungsstudien, die insgesamt 311 Patienten einschlossen, präsentiert. Die Auswertung zeigte signifikante Verbesserungen im Bullous Pemphigoid Disease Area Index (BPDAI) sowie im Juckreiz auf der Itch Numeric Rating Scale (NRS) nach vierwöchiger Behandlung mit Dupilumab. Komplettes Ansprechen wurde bei fast der Hälfte der Patienten (47,1%) erreicht. Die Rückfallrate lag bei 30,2%. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse unter Therapie mit Dupilumab waren Infektionen (15,2%), gefolgt von Eosinophilie (13,8%).4
Weitere Biologika in der Pipeline
Ebenfalls in der Behandlung des bullösen Pemphigoids untersucht wird der gegen IL-13 gerichtete Antikörper Tralokinumab, der auch in der Behandlung der atopischen Dermatitis eingesetzt wird. Eine Fallserie mit fünf Patienten, die auf andere Therapien nicht angesprochen hatten oder diese wegen Kontraindikationen nicht erhalten konnten, zeigte gutes Ansprechen.5 Für Lebrikizumab, einen weiteren Anti-IL-13-Antikörper, besteht Evidenz aus Einzelfallberichten. Eine retrospektive Studie zum Off-Label-Einsatz von Omalizumab beim bullösen Pemphigoid zeigte komplette Remission bei 77% der Patienten sowie bei weiteren 9% partielle Remission. Diese blieb nach Absetzen der Therapie bei 11,7% stabil, unter minimaler Therapie bei 57,1% sowie unter nicht minimaler, fortgesetzter Therapie bei 31,2%.6 Fallberichte sprechen mittlerweile auch für eine gute Wirksamkeit und Sicherheit von Dupilumab beim Pemphigoid gestationis, erläuterte Caux.
Quelle:
Session «Autoimmune bullous diseases», Vortrag «New and emerging treatments of pemphigoid» von Prof. Dr. med. Frédéric Caux, Bobigny, Frankreich; EADV Congress, 18. September 2025
Literatur:
1 Borradori L et al.: Updated S2 K guidelines for the management of bullous pemphigoid initiated by the European Academy of Dermatology and Venereology (EADV). J Eur Acad Dermatol Venereol 2022; 36(10):1689-704 2 da Silva JON et al.: Efficacy and safety of dupilumab in patients with moderate-to-severe bullous pemphigoid: a systematic review and meta-analysis. An Bras Dermatol 2025; 100(3): 429-38 3 Caux F et al.: 83. AAD-Kongress 2025, Orlando 4 Bichra A et al.: EADV 2025, Abstract #8561 5 Maglie R et al.: Off-label use of tralokinumab in the treatment of bullous pemphigoid: a case series. Br J Dermatol 2025; 192(6): 1124-6 6 Chebani R et al.: Omalizumab in the treatment of bullous pemphigoid resistant to first-line therapy: a French national multicentre retrospective study of 100 patients. Br J Dermatol 2024; 190(2): 258-65
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